Nachdem ein US-Regierungsexperte erklärte, dass Bleich- und Desinfektionsmittel das Virus Sars-CoV-2 auf metallischen Flächen rasch abtöten würde, ermunterte US-Präsident Donald Trump Forscher im Kampf gegen Corona zu prüfen, Menschen direkt Desinfektionsmittel zu spritzen. Denn das wäre "interessant".

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Nach den Äußerungen von US-Präsident Donald Trump über die mögliche Einnahme von Desinfektionsmitteln gegen das Coronavirus hat die Giftzentrale im US-Staat Illinois eine Zunahme an Notrufen verzeichnet.

In den vergangenen zwei Tagen habe es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen "signifikanten Anstieg" der Anrufe im Zusammenhang mit Reinigungsmitteln gegeben, sagte die Direktorin des Gesundheitsamtes, Ngozi Ezike. Beispielsweise sei mit einer Mischung aus Bleichmittel und Mundwasser gegurgelt worden, "in einem Versuch, das Coronavirus zu töten".

Bundesstaat Washington warnt

Trump hatte am Donnerstag Ausführungen eines Regierungsexperten zum Anlass für seine Äußerung genommen. William Bryan vom Heimatschutzministerium hatte erklärt, dass Bleich- und Desinfektionsmittel den Erreger Sars-CoV-2 etwa auf trockenen metallischen Flächen wie einer Türklinke rasch abtöteten. In Bezug darauf sagte Trump: "Gibt es einen Weg, wie wir so etwas machen könnten – durch spritzen oder fast säubern ... wäre interessant, das zu prüfen." Das sei natürlich Ärzten zu überlassen. "Aber es klingt für mich interessant." Die Katastrophenschutzbehörde des US-Bundesstaats Washington warnte die Bürger nach Trumps Äußerungen auf Twitter vor der Einnahme von Reinigungs- oder Desinfektionsmitteln.

Nur "Sarkasmus"

Tags drauf stellte Trump seine Aussage als "Sarkasmus" dar. Er habe keineswegs die Bürger dazu aufrufen wollen, Desinfektionsmittel zu sich zu nehmen, reagierte er.

Trump scheint nun seiner Routine der allabendlichen Pressekonferenzen müde zu werden: Am Samstagabend, zur sonst üblichen Briefing-Zeit, meldete sich Trump nicht vom Rednerpult zu Wort, sondern per genervtem Tweet: Was habe es für einen Zweck, Pressekonferenzen im Weißen Haus abzuhalten, wenn die Medien "nichts als feindselige Fragen stellen und sich dann weigern, die Wahrheit oder Fakten genau zu berichten", schrieb er dort. "

Sie haben Rekord-Einschaltquoten und das amerikanische Volk bekommt nichts als Fake News." Das sei den Aufwand nicht wert. Ob das bedeutet, dass er künftig gar keine Pressekonferenzen mehr zur Corona-Krise machen möchte, ließ der Präsident offen.

Die "New York Times" forderte kürzlich in einem Kommentar, die Pressekonferenzen nicht mehr live zu senden. Auch andere Kritiker Trumps haben sich dafür ausgesprochen. Die Live-Übertragungen grenzten an "journalistisches Fehlverhalten", schrieb die Zeitung. "Alles, was ein Präsident tut oder sagt, sollte dokumentiert werden. Aber alles ungefiltert zu senden, ist faul und unverantwortlich."

Richtungsstreit

Unterdessen zieht in den USA ein Richtungsstreit darüber auf, wie in der Corona-Krise weiter umgegangen werden soll. Es liegt in der Hand der Gouverneure, endgültig über Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen zu entscheiden. Trump appellierte am Samstagabend (Ortszeit) auf Twitter, dabei vorsichtig und mit Verstand vorzugehen. Er schrieb aber auch: "Denken Sie daran, dass die Heilung nicht schlimmer sein kann als das Problem selbst."

Nicht zufrieden dürfte Trump zudem mit der Arbeit des Gesundheitsministers Alex Azar sein, denn Medienberichten zufolge, erwägt er dessen Absetzung. Ihm werde vorgeworfen, bei der Handhabung der Coronavirus-Pandemie Fehler gemacht zu haben, berichteten das "Wall Street Journal" und "Politico" am Samstag (Ortszeit). Die Frustration über Azar wachse.

Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte der Zeitung, dass es keinen Plan gebe, Azar zu ersetzen. Er nannte die Berichte "Spekulation und eine Ablenkung". Politico berichtete derweil über mögliche Nachfolger. In Betracht kommen demnach etwa Deborah Birx, die Coronavirus-Koordinatorin des Weißen Hauses. Auch die Leiterin der Centers for Medicare and Medicaid Services, Seema Verma, und der stellvertretende Gesundheitsminister Eric Hargan würden als mögliche Azar-Nachfolger gehandelt. (red, 26.4.2020)