Tolle Pläne, ungewisse Rahmenbedingungen: Bogdan Roščić,

Lalo Jodlbauer

Unpraktikable Abstandsregeln. Reisebeschränkungen, die Künstler womöglich in Quarantäne schicken oder verhindern, dass Publikum überhaupt anreisen kann und will. Eine mögliche zweite Corona-Welle. Rezession, deren Ausmaß die Leute sparsam werden lässt. Dazu eine gewisse Angst, das gewohnte öffentliche Leben unbeschwert und schnell wieder aufzunehmen, selbst wenn es möglich wäre.

Bei so vielen möglichen Hindernissen ist niemand in der Kulturszene darum zu beneiden, so er versucht, Zukunftspläne zu schmieden. Auch die Wiener Staatsoper nicht. Das Glück der Sommerpause währt für sie ja nur kurz. Der neue Direktor, Bogdan Roščić, der in seiner kommenden ersten Saison mit zehn Premieren quasi eine Blitzkur der Erneuerung versucht, startet am 7. September premierenmäßig ungewohnt früh und hofft auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für seine "Madame Butterfly".

Originelle Köpfe

Sein Premierenkonzept ist natürlich plausibel. Unter der ruhigen Führung seines Vorgängers Dominique Meyers kam die Staatsoper im Regiebereich ästhetisch ins Hintertreffen und nur im Bereich der Auslastung zu Rekorden. Ein Haus von Weltformat sollte jedoch nicht nur voll sein, ein praktikables großes Repertoire besitzen, die besten Sänger und Dirigenten beschäftigen. Es muss auch im Regiebereich die originellsten Köpfe einladen, um Werke öfters maßstabsetzend neu zu befragen.

Dass Roščić für seine erste Saison einige große Regiewürfe anderer Häuser nutzt, ist zwar ungewöhnlich vom Konzept her. Es ermöglicht aber einen schnellen und fälligen "Turnaround". In den nächsten Jahren wird er aber durch exklusive Eigenproduktionen natürlich zeigen müssen, dass die Staatsoper auch selbst international Impulse zu setzen vermag.

Dass ihm dies gelingt, darauf ist allerdings mit einem besseren Gefühl zu wetten, als auf einen friktionsfreien Saisonverlauf ab Herbst. (Ljubiša Tošić, 26.4.2020)