SPÖ-Vize Jörg Leichtfried fordert eine Überarbeitung des geplanten Epidemiegesetzes.

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Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger glaubt, dass die Regierung die wirtschaftlichen Folgen des "Shutdowns" unterschätzt habe.

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Es ist wieder Nationalratswoche – und das bedingt naturgemäß Pressekonferenzen aller Oppositionsparteien. Den Anfang machte am Montag die SPÖ, und zwar mit Shakespeare. "Es ist etwas faul im Staate Dänemark" – oft werde das Zitat Hamlet zugeschrieben, doch tatsächlich warnte ihn sein Freund Marcellus, erklärt der stellvertretende rote Klubobmann Jörg Leichtfried im Livestream, um sodann zum Marcellus des Coronavirus zu werden. "Es ist etwas faul in der Krisenbekämpfung", so Leichtfried – und zwar einiges, wenn es nach der Sozialdemokratie geht. Sie wünscht sich, dass sich das Regierungshandeln an drei Leitlinien orientiert: Transparenz, Klarheit und Rechtssicherheit. Doch davon entferne sich die Regierung immer weiter, beklagt Leichtfried.

Vielmehr würden "Berggipfelsprenger" aus Tirol – gemeint: die Tourismusbranche – den Takt vorgeben, wie man an den Plänen zur Grenzöffnung für Reisende von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sehe. Ebenso moniert Leichtfried die widersprüchlichen Informationen über einen Zug mit Pflegerinnen, der aus Rumänien eintreffen soll: "Wir sind skeptisch, was da noch kommt."

Sorge vor Epidemiegesetz

Vor der Plenarsitzung am Dienstag identifiziert Leichtfried vor allem drei Themengebiete, die Aufmerksamkeit bedingen. Als ersten Punkt nennt er das geplante Epidemiegesetz. Hier befürchtet die SPÖ, dass die Regierung "willkürlich Menschen von Versammlungen ausschließen" könne. Im schlimmsten Fall hieße dies laut Leichtfried, dass Pensionistinnen nicht an einer Veranstaltung teilnehmen können – oder sogar Betriebsräte von einer Betriebsversammlung exkludiert werden. In sozialen Medien hatte die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer dazu bereits eine Überarbeitung angekündigt. "Warum muss die Opposition kommen und sagen: 'Hallo, das ist verfassungswidrig'", kommentiert Leichtfried.

Fahrplan zur Vollbeschäftigung

Das zweite große Sorgenkind der SPÖ ist die Situation der Arbeiter und Angestellten. Mehr als 1,6 Millionen Menschen haben wegen Kurzarbeit oder Kündigung nicht mehr dasselbe Einkommen wie zu Jahresbeginn, sagt Leichtfried. Deshalb sei das Arbeitslosengeld zu erhöhen. "Wir brauchen einen Fahrplan, wie wir in Richtung Vollbeschäftigung gelangen", schlug der SPÖ-Vize vor. Nicht zu vergessen sei außerdem die Situation der Gemeinden, die man finanziell stabilisieren müsse. "Es wird der schmerzlichste 1. Mai, den ich je erleben durfte", schließt Leichtfried.

Corona-Unterausschuss

Erneuert erhebt Leichtfried die Forderung der Opposition nach einem Corona-Unterausschuss im Nationalrat. Es brauche parlamentarische Kontrolle darüber, wie das 38 Milliarden Euro starke Hilfspaket verteilt werde. Gerade angesichts der Corona-Krise seien sozialdemokratische Themen wichtiger denn je. Anderthalb Stunden später hatte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger da – aus Sicht der Opposition – schon gute Nachrichten: Offenbar wurde auf Referentenebene eine Annäherung zum Thema Unterausschuss erzielt. Der Punkt soll nun erst im Mai in den Nationalrat gelangen.

Neos: Regierung hat Auswirkungen unterschätzt

Abgesehen davon hatten aber auch die Neos einiges an Türkis-Grün auszusetzen. Meinl-Reisinger befürchtet, dass die Regierung die wirtschaftlichen Auswirkungen des Shutdowns unterschätzt habe. Ein Indiz dafür sei, dass zuerst nur vier Milliarden Euro als Hilfspaket zur Verfügung gestellt worden sind. Sie fordert eine rasche Vorauszahlung der Kurzarbeitsgelder und eine Möglichkeit, die Steuerschuld aus 2019 noch einmal aufzuwickeln, um Verluste aus der aktuellen Krise damit abrechnen zu können.

Ein emotionales Plädoyer lieferte Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Er beschwerte sich über das "Geschwurbel" von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Man brauche nun konkrete Pläne, die auch verschiedene Szenarien berücksichtigten. Insgesamt orten die Neos eine zu starke Bürokratie. Es gebe viele Positivbeispiele, wie Unternehmer kreativ mit der Krise umgingen, doch hier gebe es zu wenig Unterstützung, so Schellhorn und Meinl-Reisinger. Angesichts der Feierlichkeiten zu 75 Jahre Zweite Republik warnte die Neos-Chefin davor, dass Österreich in Richtung Illiberalität und Autoritarismus abdriften könnte. (fsc, 27.4.2020)