In Aden im Südjemen sind Anhänger des "Transitionsrat" (STC) zu sehen.

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Es war nur mehr eine Frage der Zeit, bis das im November 2019 abgeschlossene Riad-Abkommen zwischen der international anerkannten jemenitischen Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi und den südlichen Separatisten zusammenbricht: Am Sonntag hat der südliche Southern Transitional Council (STC) die Selbstverwaltung des Südjemen mit der Hauptstadt Aden erklärt. Für die Hadi-Regierung ist das die "Wiederaufnahme des bewaffneten Aufstands".

Damit ist auch der zweite große Konflikt – chronologisch gesehen eigentlich der erste – im Jemen wieder virulent: Die Hauptstadt Sanaa befindet sich ja noch immer, seit Herbst 2014, in der Hand der nördlichen Huthi-Rebellen. Als diese im Frühjahr 2015 auch im Süden und in Aden einmarschierten, griff eine saudisch-geführte Koalition zugunsten der Hadi-Regierung ein.

Aus Aden wurden die Huthis im Juli 2015 wieder vertrieben. Der dazu nötige Schulterschluss der südlichen Gruppen und der Hadi-Loyalisten dauerte nur kurz. 2017 entließ Hadi den lokalen Gouverneur, Aidarous al-Zubaidi: Dieser bildete als Antwort den Südlichen Übergangsrat. Die Lage eskalierte im August 2019, als der STC die Reste der Hadi-Verwaltung aus Aden hinauswarf.

Kurzlebiges Riad-Abkommen

Das von Saudi-Arabien verhandelte Riad-Abkommen sollte Frieden bringen: Es sah eine paritätisch besetzte Regierung zwischen Hadi und südlichen Gruppen vor, wurde aber nie ganz umgesetzt. Den Hadi-Leuten werden darüber hinaus Korruption, Missmanagement und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Die Spaltung von Norden und Süden ist historisch: Die sozialistische südliche Demokratische Volksrepublik Jemen schloss sich schon vor dem Untergang der Sowjetunion 1990 mit der nördlichen Jemenitischen Arabischen Republik zusammen. Die Frustration über die nördliche Dominanz folgte auf dem Fuße. In einem Bürgerkrieg 1994 versuchte der Süden, wieder vom Norden loszukommen, unterlag jedoch. Ab 2007, mit der Gründung der "südlichen Bewegung" Hirak, wurden die Sezessionisten wieder aktiver.

Vorbehalte gegen Hadi hat aber nicht nur der Süden: Der aus der Provinz Abyan – also aus dem Süden – stammende Präsident hatte sich politisch vor allem auf die Islah-Partei gestützt und deren Parteigänger gefördert. Die Islah gilt als nördliche Partei, zudem handelt es sich um Muslimbrüder.

Das missfiel dem wichtigsten Verbündeten Saudi-Arabiens, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die absolut allergisch auf Muslimbrüder reagieren. Die kleinen VAE denken auch strategisch weit über ihre unmittelbare Region am Persischen Golf hinaus und sind auch auf der afrikanischen Seite des Roten Meeres – deshalb ihr Interesse an der Revolution im Sudan – und am Horn von Afrika präsent: Der Südjemen, Aden und die südliche Insel Socotra sind Schlüsselstellen für die emiratische Einflusspolitik.

Abu Dhabis Schützlinge

Und Macht wird oft über lokale Gruppen ausgeübt: Entgegen der Interessen der Hadi-Regierung und Riads unterstützte Abu Dhabi etwa den 90.000 Kämpfer starken "Security Belt", den bewaffneten Arm des STC. Das Riad-Abkommen sollte demnach nicht nur die Situation in Aden befrieden, sondern auch einen Ausgleich zwischen saudischen und emiratischen Interessen bringen.

Saudi-Arabien hält weiter an Hadi fest, der, abgesehen von seinem angeschlagenen Gesundheitszustand, politisch äußerst schwach ist. Sein Mandat ist 2014 abgelaufen. Aber es mangelt an Alternativen. Sein Vizepräsident Ali Mohsen, einstmals wichtigster Militärkommandant von Präsident Ali Abdullah Saleh und Islamisten-Sympathisant, ist ebenso umstritten.

Die VAE haben sich am Montag jedoch gegen den Schritt des STC gestellt – der auch keineswegs den gesamten Süden vertritt. Fünf südliche Provinzen, darunter die größte, Hadramaut, sowie Abyan, Shabwa, al-Mahra und die Insel Socotra distanzierten sich vom "Putsch" des STC.

Im Konflikt mit den Huthis hat Saudi-Arabien angesichts der Corona-Krise eine mehrwöchige Waffenpause erklärt. Die Huthis, die momentan in der Provinz Marib militärische Gewinne verzeichnen, haben ihn nie offiziell akzeptiert. Marib war zuletzt auch noch von schweren Überschwemmungen betroffen. (Gudrun Harrer, 28.4.2020)