Sabrina Filzmoser verschwendet derzeit keine Zeit für Gedanken an ein Karriereende.

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Wien – Zwischen der Coronakrise und dem erhofften Olympiastart in Tokio wartet auf Sabrina Filzmoser ein runder Geburtstag: die Oberösterreicherin wird am 12. Juni 40 Jahre. Weder das noch die Verschiebung der Sommerspiele um ein Jahr ist für die Judokämpferin ein Grund, ans Karriereende zu denken. "Die Motivation wurde nicht weniger, ich habe die Ruhe und Kraft im Kopf, mich ordentlich vorzubereiten."

Die jeweils zweifache Europameisterin und WM-Bronzemedaillengewinnerin sieht die zusätzliche Zeit als Chance, noch einmal ordentlich Kraft und Kondition aufzubauen und dem Köper etwas an Substanz "zurückzuschenken". Es sei so etwas wie Vorbereitungsruhe eingekehrt. "Vorher ist man von einem Turnier zum nächsten gehetzt und hat geschaut, dass man die Punkte für das Olympiaranking zusammensammelt. Ich habe meine Balance gefunden, auch weil ich geistig ausgelastet bin", sagte Filzmoser im APA-Gespräch.

Polizeiausbildung

Das – für sie zweite – Modul der Polizeiausbildung wurde von Herbst auf April/Mai vorverlegt und findet derzeit online statt. "Das ist klasse, dann habe ich im September, Oktober auch genügend Zeit für Qualifikationsturniere, wenn welche stattfinden", sagte Filzmoser. Mit dabei seien in dem Kurs u.a. auch die Beach-Volleyballer Clemens Doppler und Alexander Horst sowie der Nordische Kombinierer Franz-Josef Rehrl. Vor und nach dem Erfüllen der Arbeitsaufträge bleibe genug Zeit fürs Training.

Auf Judotraining mit einem Partner muss Filzmoser seit März laut Regierungs-Verordnung zwar verzichten, trotzdem kommt sie zu ihren Wurfeinheiten. Sie hat in ihrem Keller daheim nicht nur Kraftgeräte und eine Judomatte, sondern auch einen sogenannten Speed-Dummy. Die Wurfpuppe wiegt um die 45 Kilogramm und ermöglicht rasches Werfen und somit judospezifische Übungen.

Für Olympia qualifiziert

Filzmoser ist in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm daheim, sie wäre derzeit über die Kontinentalquote für die Olympischen Spiele in Japan qualifiziert. Der Internationale Judoverband (IJF) beschloss, den Status quo der Ranglisten beizubehalten. Ungefähr die gleiche Zahl an Turnieren, wie vor dem Corona-Stillstand noch ausständig waren, sollen für das Ranking noch durchgeführt und herangezogen werden.

Derzeit hat Filzmoser besonders viel Spaß am Trainieren. "Dass dir mal nichts wehtut, ist extrem selten. Ich brauche keine Physiotherapie, denn es geht echt gut. Das ist eine Phase in meiner Karriere, die echt neu ist." Sollte am Jahresende der Punktestand passen und sie der Quali nicht nachrennen müssen, dann werde sie etwas herausnehmen und einen neuen Aufbau machen.

Neuer Zugang

Neu ist für alle Nationalteammitglieder auch die einmal die Woche stattfindende Einheit mit einem Sportpsychologen, wo es darum geht, wie man sich auf einen Kampf vorbereitet, was die Abläufe und Gedankengänge sind. "Keiner hat sich bis jetzt den Kopf zerbrochen, wie es dem anderen geht, sondern immer nur, wie es einem selbst geht. Da nimmt sich jetzt jeder seine Bausteine raus." Auch das Videocamp für Nachwuchsathleten begeisterte sie. "Das war auch für mich sehr motivierend zu sehen, wie sie alle mittun. Ein frischer, neuer Zugang schadet auch mir nicht."

Viel mehr Zeit als sonst hat Filzmoser für die Familie, fürs Lesen, Sortieren, Planen, Organisieren und Reflexion. Ausbildung zur Helikopter-Pilotin, Projekte in Nepal, als Athletensprecherin vertritt sie den Österreichischen Judoverband in der IJF – in den vergangenen Jahren sind die selbst auferlegten Verpflichtungen immer mehr geworden.

Ruhendes Hilfsprojekt

Im vergangenen Jahr organisierte Filzmoser über ihr "Judo for Peace"-Hilfsprojekt im Himalaya Judomatten, die auf das 2.800 m hoch gelegenen Dojo (Judohalle) getragen wurden. Heuer soll ein Dojo auf 4.000 m errichtet werden. Doch in der Coronakrise ruht alles wegen fehlender Genehmigungen. Die Luft in Kathmandu soll jedenfalls so gut sein wie lange nicht mehr, hat die naturverbundene Sportlerin gehört. (APA, 27.4.2020)