Der aus Österreich stammende Grafikdesigner Stefan Sagmeister fährt mit der Vespa durchs leere Manhattan.

Foto: Stefan Sagmeister

"Was ich nach der Corona-Krise an dieser Zeit vermissen werde, ist das genügsame Arbeiten in vollkommener Ruhe. Einen Vormittag ohne eine einzige telefonische Unterbrechung zu verbringen bereitet mir eine gewisse Zufriedenheit.

Was mir noch einfällt, ist das Gleiten auf meiner Vespa durch das völlig leere Manhattan. Und dennoch ist es eigenartig, dass das Fahren auf der Vespa trotz null Verkehr wegen der vielen Ampeln nicht viel angenehmer wird. Durch die Tatsache, dass ich gesund bin, ist diese Zeit für mich persönlich keine schlimme Zeit. Wirklich schlimm ist der unglaubliche Unterschied zwischen den Erkrankten sowie direkt Betroffenen und den gesunden Menschen.

Es ist sehr paradox: Bei mir, an meinem Häuserblock in Manhattan, parkt ein großer Sattelschlepper mit Kühlaggregaten für die vielen Leichen eines Krankenhauses. Andererseits fühle ich mich gut und wohl in meinem Studio.

Die größte Überraschung an dieser Corona-Geschichte ist die Geschichte selbst. Wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass die Welt so plötzlich in eine Art Stillstand gerät? Und dennoch glaube ich nicht, dass die Krise mich selbst und viele andere wirklich verändern wird. Dazu fällt mir etwas ein: In einem Stiegenaufgang unserer Ausstellung Happy Show in Philadelphia war beim Hinaufgehen der Treppen in riesigen Buchstaben zu lesen: "Don’t expect", und beim Hinuntergehen "People to change".

Allerdings habe ich seit Corona eine neue kleine Angewohnheit. Beim Ausmisten habe ich in meinem Badezimmerschrank eine Schachtel voller Räucherstäbchen gefunden. Von diesen zünde ich nun täglich zwei bis drei Stück an. Wenn ich mich in ein paar Jahren an diese Zeit zurückerinnern möchte – es gab ja in den letzten Wochen doch einige sehr erinnerungswürdige Momente –, dann muss ich mir genau diese Räucherstäbchen wieder besorgen. Es ist verrückt, was Gerüche gerade in einer Zeit so vieler optischer Eindrücke mit einem anstellen können." (Michael Hausenblas, 29.4.2020)