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Kahler (18), die in wenigen Wochen maturiert, war wochenlang nicht in ihrem Element. "Es war furchtbar." Jetzt kann sie wieder eintauchen.

Foto: REUTERS/BRONIC

Ja, aktuell gibt es natürlich auch Fotos mit Maske von Marlene Kahler, man muss sie aber nicht unbedingt herzeigen. Schließlich geht es hier um den Trainingsalltag, der im heimischen Spitzensport langsam, aber sicher wieder einkehrt. Und in diesem Alltag macht eine Maske bei Kahler, die als Kraulerin ihr Gesicht unter Wasser hält, über weite Strecken keinen Sinn.

Seit wenigen Tagen trainiert sie wieder in der Südstadt, wo sie – sei es persönlich oder virtuell – die "Liese Prokop Privatschule" des Leistungssportzentrums besucht. Die bald 19-jährige Schwechaterin hatte "vier, fünf Wochen lang nur beim Duschen Kontakt mit Wasser, es war furchtbar", nicht das Duschen, sondern die sonstige Abstinenz. Denn: "Was macht ein Fisch, wenn er nicht im Wasser sein kann?" Sie hat die Lockdown-Zeit daheim bei den Eltern verbracht, dort gibt es im Garten ein kleines Schimmbecken. Kurz ist Marlene hineingesprungen, circa drei Sekunden später war sie wieder heraußen, das Wasser hatte geschätzte zehn Grad.

Gestiegen

Kahler ist im Maturajahr, sie bedankt sich natürlich nicht beim Coronavirus, hält aber fest, ihre schulischen Hoffnungen seien durch die Verschiebung der Olympischen Spiele gestiegen, für die sie sich über 1500 Meter Kraul qualifiziert hatte. Sie ist nicht die allerbeste Schülerin, die vielen Absenzen durch Trainingslager und Wettkämpfe haben sich ausgewirkt. In Englisch ist sie gut, in Mathematik und Deutsch ist sie es nicht. Dafür hat sie bei den Olympischen Jugendspielen 2018 in Buenos Aires zwei Mal Bronze geholt.

Die Matura Ende Mai, so hofft sie, werde sie "schon irgendwie schaffen", danach sollte sie im Heeressportzentrum aufgenommen werden und sich voll auf die Olympischen Spiele im nächsten Jahr konzentrieren können. Als Spitzensportlerin sieht sie sich ohnedies privilegiert in einer Zeit, in der sich viele Menschen Existenzsorgen machen – da redet Kahler nicht nur so vor sich hin, schließlich ist ihre Mutter Flugbegleiterin, der Vater, schon in Pension, war Pilot.

Wie geht es mit dem Training, wie geht es mit Wettkämpfen weiter? Natürlich sind auch die Schwimmerinnen und Schwimmer auf Entwicklungen und Regierungspressekonferenzen angewiesen. Die EM in Budapest wurde vorerst auf Ende August verschoben, wobei sehr fraglich ist, ob sie dann stattfinden kann. Wenn man von Olympischen Spielen wie vorgesehen im August 2021 ausgeht, wäre zu klären, ob die zu diesem Zeitpunkt geplante WM in Fukuoka auf später verschoben wird oder vielleicht sogar vorverlegt werden kann.

Die Freibäder sind wichtig

Österreichs Schwimmverband (OSV) lässt seit wenigen Tagen 17 Aktive trainieren, acht in der Südstadt, sieben in Linz, zwei in Salzburg. Nach und nach könnten auch Junioren- und Landeskader sowie Vereine wieder ins Training zurückkehren. Eine entscheidende Frage ist laut OSV-Generalsekretär Thomas Unger: "Wann sperren welche Freibäder wieder auf?"

Der Verband arbeitet eng mit dem Ministerium zusammen, es gibt diverse Konzepte. Unger kann sich vorstellen, dass etwa das Wiener Stadionbad bald wieder zumindest dem Spitzensport zur Verfügung steht. Und er schließt die Durchführung von Meisterschaften im Sommer in Linz nicht aus. "Wir wollen unseren Aktiven eine Perspektive geben." Schließlich braucht der Fisch nicht nur Wasser, sondern auch ein Ziel. (Fritz Neumann, 28.4.2020)