Kritik an "degradierenden Posen" des Modehauses Yves Saint Laurent in Paris 2017.

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Im Stile eines Comicstrips wird eine Frau dargestellt, die über Serien redet, plötzlich: "Patsch!!!" Jemand schlägt ihr mit einem zusammengerollten TV-Media-Heft ins Gesicht. Betitelt ist das Sujet für TV-Media, das Ende vergangener Woche in Tageszeitungen, auch im STANDARD, erschienen ist, mit "Das Plappermaul". Während derzeit im Fernsehen Spots gegen häusliche Gewalt liefen, schalte TV-Media frauenverachtende und gewaltverherrlichende Werbung, lautete eine der Reaktionen auf Twitter. Und Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen, kündigte an, sich für eine "bundesgesetzliche Regelung" zu sexistischer Werbung stark machen zu wollen.

Kampagne wurde eingestellt

Es könne nicht sein, dass es keine rechtliche Handhabe gegen geschlechterdiskriminierende Sujets gebe, so Disoski gegenüber dem STANDARD. Gerade Werbung und Medien hätten einen großen Einfluss auf Geschlechterstereotype. Ohne Erfolg blieb ein ähnlicher Vorstoß der Grünen 2009 für gesetzliche Maßnahmen gegen Diskriminierung von Frauen in der Werbung, der entsprechende Entschließungsantrag wurde abgelehnt. Für Disoski gibt es immerhin einen ersten kleinen Erfolg: Die "Plappermaul"-Kampagne wurde am Montag eingestellt. Disoski kritisierte in einem offenen Brief eine "Banalisierung von Gewalt gegen Frauen" in dem Sujet. Auch Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) hat sich für ein Ende der Kampagne eingesetzt und mit allen Beteiligten und dem Österreichischen Werberat gesprochen. Die Einstellung der Kampagne unterstütze sie "zu 100 Prozent".

In einer Stellungnahme an den Österreichischen Werberat erklärt TV-Media-Chefredakteur Hadubrand Schreibershofen, dass die Kampagne vier Teile ("Das Plappermaul", "Die Schnattergans", "Der Dampfplauderer", der "Der Schwafler") habe. In ihrer Gesamtheit zeige sich, dass der "Patscher" von einer Freundin und nicht von einem Mann komme. Auch handle es sich dabei nicht um "diskriminierende Rollenklischees". weil sowohl Männer als auch Frauen karikiert würden. Dennoch zog man die Kampagne "im Wissen, dass unsere Sujets missinterpretiert werden können" zurück. Schreibershofen bedauert auch, dass man in diesen Werbemaßnahmen zu "wenig Sensibilität für die aktuellen Sorgen und Nöte vieler Menschen gezeigt" habe.

Der UN-Frauenrechtskonvention verpflichtet

Gesetzliche Regelungen sind für Susanne Raab nicht das richtige Mittel gegen solch fehlende Sensibilität. Für sie ist der Österreichischen Werberat ein "nützliches Instrument, um objektiv Werbesujets unter anderem auf diskriminierende Inhalte zu überprüfen", so die Frauenministerin gegenüber dem STANDARD. Dieser kann Unternehmen einen sofortigen Stopp einer Kampagne, oder einen sensibleren Umgang mit ihren Werbeinhalten nahelegen. Unternehmen können dem folgen, müssen aber nicht. Der Werberat hat keine Sanktionsmöglichkeiten. Der Beschwerdegrund "geschlechterdiskriminierende Werbung" wurde 2019 beim Werberat am häufigsten vorgebracht.

"Bei aller Wertschätzung für selbstverpflichtende Regulative, letztlich sind sie zahnlos", sagt Disoski. Österreich habe sich auch aufgrund der UN-Frauenrechtskonvention verpflichtet, auf allen Ebenen Diskriminierung zu beseitigten. Auch deshalb sei eine rechtliche Regelung nötig. Noch gibt es keine konkreten Vorschläge, wie sie aussehen könnte. Disoski will sich Konzepte aus Norwegen, Dänemark und Island ansehen.

In Island gilt sexistische Werbung als Straftatbestand, das dortige Zentrum für Geschlechtergerechtigkeit ist zuständig und wendet sich an die jeweilige Firma. Gibt es keine Einsicht, folgt eine Geldstrafe. In Norwegen ist sexistische Werbung über ein Marketing-Kontrollgesetz geregelt. Es verbietet etwa abwertende Bilder von Menschen. (Beate Hausbichler 29.4.2020)