Besuche in Alten- und Pflegeheimen werden zunehmend gelockert.

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Seit Mitte März war es ruhig in Altenheimen – sämtliche Länder und Träger hatten auf Empfehlung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober Besuchsverbote in ihren Alten- und Pflegeheimen ausgesprochen. Nun ist auch dort die "schrittweise Öffnung angekommen" – spätestens seitdem Anschober empfahl, die Bestimmungen ab 4. Mai zu lockern. In der Empfehlung heißt es unter anderem, die Heime sollen "Begegnungszonen" einrichten, generell aber sollen die inzwischen bekannten Hygienevorschriften – etwa Händewaschen, Abstand halten und das Vermeiden von Umarmungen – gelten.

Auch Wien lockert Besuchsverbot

Zahlreiche Länder folgten dem Aufruf bereits und stellten Lockerungen in Aussicht – nun zog auch Wien nach. Bei einer Pressekonferenz von Bürgermeister Michael Ludwig und Sozialstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) am Mittwoch kündigten die beiden an, künftig wieder Besuche "in den Einrichtungen, bevorzugt aber in den Außenbereichen auf dem Gelände" zu ermöglichen. Es sollen Begegnungszonen geschaffen werden, die je nach Einrichtung unterschiedlich gestaltet sein können. Besuche in Zimmern und Appartements seien nach wie vor ausgeschlossen, so Hacker. Berührungen seien nur mit Schutzkleidung möglich.

Auf eine Personenzahl habe man sich in der Verordnung, die am Mittwoch in Kraft getreten sei, nicht festgelegt, so Hacker. "Ich bin überzeugt, dass wir so sicherstellen können, dass die Sicherheit weiter gegeben ist, es aber dennoch zu Erleichterungen in der Begegnung kommen kann." Die Maßnahmen sind vorerst befristet bis Ende Mail

Zur Umsetzung der Verordnung seien laut Stadtregierung Leitlinien für die Pflegeorganisationen in Wien entwickelt worden, die auf die Gegebenheiten der jeweiligen Einrichtungen angepasst werden können. Darin sei zum Beispiel eine zeitliche Einschränkung geregelt, ebenso wie das regelmäßige Lüften und Reinigen in den Räumlichkeiten. Außerdem sei ein Pflegekristenstab eingerichtet worden, in dem neben dem Fonds Soziales Wien, dem Krankenanstaltenverbund, der MA 40 und dem Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen auch Trägerorganisationen vertreten seien.

1,6 Prozent positiv, Chance auf Gehaltsverbesserung

Zu den flächendeckenden Tests, die ja von Anschober für alle Alten- und Pflegeheime angekündigt wurden, heißt es aus Wien, mit Stand Mitte April seien 3.700 Tests bei Bewohnern und Mitarbeitern durchgeführt worden, davon seien 59 positiv, also 1,6 Prozent. Insgesamt seien in Wien 17.000 Menschen in stationärer Pflege, diese würden von 9.700 Mitarbeitern betreut.

Michael Binder vom Wiener Krankenanstaltenverbund betonte, dass die regelmäßige Testung wichtig sei, um das Risiko zu minimieren und im Bedarfsfall auch wieder strengere Maßnahmen setzen zu können. Die Anzahl der positiv Getesteten sei momentan aber "relativ gering".

Bürgermeister Ludwig hob auch die Leistungen des Pflegepersonals in den Pensionistenwohnhäusern hervor – und ließ anklingen, dass diese mittelfristig mit einer Gehaltsaufbesserung rechnen könnten. Wenn die Krise überwunden sei, gelte es, sich mit einem "sichtbaren Dankeschön" erkenntlich zu zeigen. Er könne sich dieses seitens der Stadt durchaus in "pekuniärer Form" vorstellen. Es werde Gespräche mit der Gewerkschaft geben.

Vor Ort finden wieder Kontrollen statt

In den letzten Tagen und Wochen war Kritik an manchen Wiener Heimen laut geworden, nachdem es dort zu Freiheitsbeschränkungen gekommen sein soll. So wurde etwa in manchen Häusern verboten, dass Bewohner nach draußen gehen, es sei denn, diese würden mit einem negativen Covid-Test zurückkommen oder zwei Wochen in Quarantäne gehen – ohne behördliche Anordnung. Bewohnervertreter kritisierten das heftig.

Hacker betonte bei der Pressekonferenz, dass es sich hierbei um individuelle Vereinbarungen in "ganz wenigen Fällen" gehandelt habe, diese aber dennoch seine volle Unterstützung gehabt hätten: "Es ging und geht darum, das Risiko des Hineintragens des Virus hintanzuhalten", so Hacker.

In einem anderen Fall, bei dem der Bewohner eines Wiener Heims nach einem Krankenhausbesuch trotz eines negativen Corona-Tests zwei Wochen isoliert wurde, entschied ein Gericht, dass dies rechtmäßig gewesen sei, aber hätte gemeldet werden müssen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Auch Bewohnervertreter sollen laut der Empfehlung Anschobers am 4. Mai wieder in die Heime dürfen, Hacker betonte bei der Pressekonferenz zudem, dass Kontrollorgane wie die Volksanwaltschaft ebenso wie Besucher wieder in die Heime können – abgesehen von Zimmern und Appartements.

Heime verteidigen ihr Vorgehen

Nach der Berichterstattung über mangelnde Bewegungsfreiheit in Altersheimen wandten sich mehrere Heimdirektoren von Wiener Altenheimen an den STANDARD und verteidigen ihr Vorgehen. "Es war richtig, wir haben sie gut beschützt , wir haben sie nicht alleine gelassen, wir haben viel Leid verhindert", heißt es etwa in einem Schreiben von Heinz Stieb, Direktor des Haus Jedlersdorf. Man habe so "von außen hereingebrachte Neuansteckungen erfolgreich verhindern können".

In einem anderen Schreiben heißt es: "Es war uns NICHT einerlei, wie es den Menschen damit geht, plötzlich nicht mehr besucht zu werden. Es war uns NICHT einerlei, wie sie ihre Tage gestalten. Es war uns NICHT einerlei, ob sie genügend Bewegung haben." Man habe stets den Schutz der Bewohner und der Mitarbeiter im Auge gehabt.

Fast 700.000 Euro für Wachdienst in Salzburg

Auch die Stadt Salzburg befasst sich am Donnerstag im Sozialausschuss mit der Wiedereröffnung der Seniorenwohnhäuser. Laut Amtsbericht der Sozialabteilung brauche es 685.000 Euro für die Bewachung der sechs städtischen Altersheime. Ein Wachdienst sei notwendig, damit Angehörige nicht eindringen können. "Bereits am Osterwochenende mussten in einzelnen Häusern Angehörige des Geländes verwiesen werden, die sich an die geltenden Verbote nicht halten wollten", heißt es in dem Amtsbericht.

Bislang seien die Mitarbeiter der Parkraumüberwachung als Wachdienst eingesetzt worden. Weil die Kurzparkzonen in der Stadt seit 27. April wieder gelten, brauche es nun eine Security-Firma, die bis Ende des Jahres die Altenheime überwachen soll. Und zwar, obwohl auch in Salzburg Besuche in den Seniorenwohnhäusern ab 4. Mai mit strengen Auflagen wieder erlaubt sind. Die Lockerung sorgte bei Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) im Vorfeld für Ärger, weil noch nicht alle Bewohner der Heime durchgetestet seien. (Gabriele Scherndl, Stefanie Ruep, 29.4.2020)