Demonstration für Meinungsfreiheit und Medienfreiheit im Juni 2019 in Moskau.

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Vor dem Welttag der Pressefreiheit am kommenden Sonntag, 3. Mai, schlägt jene Plattform des Europarats Alarm, die sich für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten einsetzt. "Hände weg von der Pressefreiheit – Angriffe auf Medien dürften nicht zur neuen Normalität werden", betitelt die Plattform ihren Mittwoch vorgelegten Jahresbericht (PDF-Link).

"Lauter Weckruf" an die Mitgliedsstaaten

Die Medienfreiheit in Europa sei in einem zutiefst unbefriedigenden Zustand, heißt es im Jahresbericht: Die Plattform sieht ein System politischer Versuche, die Medien in den Griff zu bekommen, und zugleich Versäumnisse vieler Staaten, für den Schutz der Medienfreiheit zu sorgen. "Dieser Bericht ist ein lauter Weckruf an die Mitgliedsstaaten des Europarats, rasch und entschlossen zu handeln, um Angriffe auf die Pressefreiheit zu beenden, damit Journalisten und andere Medienmitarbieter ohne Angst berichten können."

Mord, Gefängnis, Einschüchterung

Europa war 2019 ein forderndes und gefährliches Gebiet für die Presse- und Meinungsfreiheit, schreiben die Autoren des Jahresberichts: 142 ernste Bedrohungen der Medienfreiheit wurden registriert, darunter 33 physische Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, 17 neue Fälle eingesperrter Medienleute, 43 Fälle von Bedrohung und Einschüchterung. Die Tötung zweier Journalisten seien bisher ungestraft geblieben – Journalistin Lyra McKee wurde bei der Berichterstattung über eine Demonstration in Nordirland erschossen, Vadim Komarow starb nach einer Attacke auf ihn in der Ukraine.

Ende 2019 waren laut Europarat-Plattform zumindest 105 Journalistinnen und Journalisten in der Türkei, in Aserbaidschan, in Russland und in den russisch kontrollierten Gebieten auf der Halbinsel Krim hinter Gittern.

"Übergriffe, Einschüchterung und Verfolgung von Journalisten nehmen während Wahlen, Referenden und anderen wichtigen politischen Ereignissen zu", führt der Bericht weiter aus. Die Europarats-Plattform hebt neben Ländern wie Russland und der Türkei auch die Lage in den EU-Staaten Ungarn, Polen, Malta, Bulgarien und Frankreich hervor.

Systematische Verstaatlichung in Ungarn und Polen

In den regelmäßig wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen kritisierten Ländern Polen und Ungarn sei die systematische Verstaatlichung von Medien problematisch. Hinzu kämen "Schikanen gegen Journalisten und andere Medienakteure". In Bulgarien "steht ein großer Teil des Zeitungsvertriebsgeschäfts des Landes unter der Kontrolle eines einzigen Konglomerats, das einem Politiker gehört". In Malta schlägt die Ermordung der Investigativ-Journalistin Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 und die Verwicklung höchster Stellen im Staat weiterhin hohe Wellen.

"Im Jahr 2019 verzeichnete Frankreich einen deutlichen Anstieg der Gewalt gegen Medienschaffende, die über Proteste gegen die Regierungspolitik berichten", heißt es im Bezug auf die Gelbwesten-Bewegung und die Proteste gegen die Pensionsreform des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. "Viele Journalisten wurden Opfer von Einschüchterungen und Angriffen durch die Sicherheitskräfte." Problematisch sei auch der intensive Einsatz von Gummi-Geschossen und Tränengas.

"Journalisten zum Schweigen zu bringen"

All diese Fälle zeichneten ein Bild zunehmender Einschüchterung, um Journalisten zum Schweigen zu bringen. Die Mitgliedsstaaten des Europarats müssten dringend handeln, um die für demokratische Gesellschaften essenzielle Position der freien Medien sicherzustellen, heißt es in dem Bericht.

Die Plattform des Europarats kooperiert mit einer Reihe von Organisationen, die sich für Pressefreiheit einsetzen, darunter die Europäische und die Internationale Journalistenförderation, die Assoziation europäischer Journalisten, Artikel 19, Reporter ohne Grenzen, das Komitee zum Schutz von Journalisten, das Internationale Presseinstitut (IPI) mit Sitz in Wien und die Organisation europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten (EBU). (fid, APA, 29.4.2020)