Brasiliens Präsident Bolsonaro (links) mit seinem neuen Justizminister André Mendonça (rechts).

Foto: EPA/Joedson Alves

Brasília – Brasiliens oberstes Gericht hat ein Verfahren gegen den Präsidenten eingeleitet: Jair Bolsonaro wird vorgeworfen, politischen Einfluss auf Untersuchungen der Bundespolizei genommen zu haben. Damit habe er, so der Vorwurf, verhindern wollen, dass die brasilianische Behörde weitere Ermittlungen gegen drei seiner Söhne, die ebenfalls in der Politik aktiv sind, anstrengt. Gegen sie wird unter anderem wegen Korruption, Geldwäsche und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation ermittelt. Einer von ihnen, Carlos Bolsonaro, soll zudem der Kopf hinter einigen Fake-News-Kampagnen des Präsidenten gewesen sein. Dessen Verhaftung stand laut Informationen brasilianischer Medien kurz bevor.

Dann allerdings hat Präsident Bolsonaro vergangene Woche den Leiter der Bundespolizei entlassen. Diesen wollte er eigentlich mit Geheimdienstchef Alexandre Ramagem, einem Freund der Familie, ersetzen – was der Oberste Gerichtshof nach Protesten der Opposition am Mittwoch verhindert hat. Diese Personalie würde dem Präsidenten zu viel Einfluss verschaffen auf die Arbeit der Polizei.

Die nun eingeleiteten Ermittlungen gegen den Präsidenten – wegen Behinderung der Justiz, Pflichtverletzung und Korruption – stützen sich auf die Vorwürfe, die der ehemalige Justizminister Sérgio Moro seither gegen Bolsonaro erhoben hat. Moro hatte vergangene Woche aus Protest gegen die Entlassung des Bundespolizeichefs seinen Rücktritt angekündigt. Moro ist ein bekannter Korruptionsbekämpfer, ihm werden selbst Ambitionen aufs Präsidentenamt nachgesagt. Bolsonaro wollte Moro zunächst mit einem Freund seiner Söhne nachbesetzen. Nach öffentlicher Kritik übernimmt nun aber der ehemalige Staatsanwalt André Mendonça den Posten.

Sollten die Ermittlungen gegen den Präsidenten in einer Anklage münden, könnte das auch die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen ihn zur Folge haben.

Mehr Tote als in China

Moro war ein überaus beliebter Minister in der Regierung und ist bereits der zweite, der diese binnen nur zwei Wochen verlassen hat. Zuvor hatte Bolsonaro seinen Gesundheitsminister ausgetauscht: Luiz Henrique Mandetta musste gehen, da er dem Präsidenten bei der Bekämpfung der Corona-Krise widersprochen hatte. Mandetta hatte sich stets für soziale Distanzierung und weitere Eindämmungsmaßnahmen ausgesprochen. Bolsonaro hingegen will das öffentliche Leben so schnell wie möglich wieder hochfahren, er stuft das Coronavirus als einer der letzten Staats- und Regierungschefs weltweit weiterhin nicht als Gefahr ein. Dabei ist Brasilien stark von der Pandemie getroffen.

Mindestens 5.000 Menschen starben dort bereits im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung – das sind mehr als in China, wo das Coronavirus seinen Anfang nahm und wo offiziell rund 4.600 Todesfälle registriert wurden. Die Opferzahl in Brasilien könnte laut dem dortigen Gesundheitsministerium sogar höher sein, da die Ursachen von 1.156 Todesfällen noch untersucht würden. (giu, 29.4.2020)