Am Mittwoch verzeichnete die OMV-Aktie trotz eines Verlusts im ersten Quartal deutliche Zuwächse.
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Obwohl die Corona-Krise und der gleichzeitig eingebrochene Ölpreis der OMV im Kerngeschäft schwer zusetzen, fühlt sich Konzernchef Rainer Seele bestärkt. Nämlich darin, dass der zuvor eingeleitete Schwenk weg von Öl hin zu Kunststoff ein strategisch richtiger sei. Jetzt profitiere die OMV von ihren Investitionen in die Flexibilität, insbesondere in die Petrochemie. "Daran sieht man, wie wichtig Borealis ist", sagte Seele am Mittwoch über den Kunststofferzeuger, bei dem die OMV ihren Anteil von 36 auf 75 Prozent aufstockt.

Da in der Corona-Krise jedoch operativ der Schuh drückt, gilt es die Liquidität im Haus zu halten, daher steht Seele bei den Ausgaben stark auf der Bremse. So sollen etwa die 4,2 Milliarden Euro, welche die OMV für die Aufstockung bei Borealis lockermacht, erst bis Ende nächsten Jahres abgestottert werden – und heuer die Barreserven nur mit der Hälfte des Kaufpreises belasten, betont Seele. Weitere 1,5 Milliarden Euro will er durch einen späteren Einstieg bei dem russischen Achimov-Gasfeld heuer in der eigenen Kassa halten. "Wir haben Gazprom um diese Verschiebung gebeten", sagte Seele.

Verschiebungen und Verkäufe

Noch keine Entscheidung im heurigen Jahr erwartet der OMV-Chef über das rumänische Erdgasfeld Neptun. Dazu werde es heuer noch keine finale Investitionsentscheidung geben. Auch sonst fährt die OMV ihre Investitionen zurück, nämlich um etwa 200 Millionen Euro. Seele erklärte diesen Schritt auch dadurch, dass auch die Mitbewerber ihre Investitionen im Durchschnitt um 25 Prozent kürzen würden – woran man die eigenen Pläne angepasst habe.

Um Geld hereinzubringen, trennt sich die OMV von entbehrlichen Beteiligungen, etwa dem 51-Prozent-Anteil am Leitungsbetreiber Gas Connect – für den Seele noch heuer ein Angebot des Stromkonzerns Verbund erwartet. "Wir sind in exklusiven Verhandlungen mit dem Verbund. Der Datenraum ist geöffnet und die Due Diligence läuft. Wir erwarten ein verbindliches Angebot bis Ende 2020", sagte Seele am Mittwoch in einer Telefonkonferenz.

Ebenso wie die Gas-Connect-Beteiligung zählt für die OMV das Tankstellennetz in Süddeutschland, das 287 Stationen umfasst, nicht zum strategischen Geschäft. Da die OMV-Raffinerie im bayerischen Burghausen nur Kerosin und Petrochemie erzeugt, benötigt diese auch kein eigenes Absatznetz. Daher stehen die deutschen Tankstellen im Bausch und Bogen zu Verkauf, Seele berichtet von 20 Kaufinteressenten.

Bremsspuren im Quartal

Trotz der erheblichen Bremsspuren in den Zahlen zum ersten Quartal 2020 geht Seele davon aus, ohne Kurzarbeit bei der OMV durchzukommen. Ebenso wenig soll die Raffinerie in Schwechat stillgelegt werden. Dennoch, unter dem Strich musste die OMV im Auftaktquartal 159 Millionen Euro Verlust hinnehmen. Im Vergleichsquartal des Vorjahres hatte der Ölkonzern noch 354 Millionen Euro Gewinn erzielt.

Wie dieser verwendet wird, also wie hoch die Dividende ausfallen wird, muss die wegen der Corona-Krise auf 29. September 2020 verschobene Hauptversammlung entscheiden. Der Dividendenvorschlag von zwei Euro je Aktie nach zuvor 1,75 Euro wackelt gehörig, Seele will vor dem Aktionärstreffen einen neuen präsentieren. An der angedachten Dividendenerhöhung trotz eines Sparkurses war zuvor Kritik aufgeflammt. (Alexander Hahn, 30.4.2020)