Die Menschen bewegen sich wieder mehr, zeigen Handydaten.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Vor allem für Geschäfte mit Laufkundschaft und ab Monatsmitte für die Gasthäuser ist es wichtig, dass die Österreicher im Mai wieder mehr und weitere Wege zurücklegen. Die Zeichen dafür stehen gut: Schon bevor die Ausgangsbeschränkungen Ende April auslaufen, gehen die Österreicher wieder vermehrt vor die Tür. Das zeigen aktuelle Auswertungen von Handydaten des Telekomanbieters A1 und des TU-Graz-Spin-offs Invenium. Die Wissenschafter unterteilen die Bevölkerung in eine stationäre Gruppe (wenigerals ein Kilometer), die eingeschränkt Mobilen (ein bis zehn Kilometer) und die Mobilen, die über zehn Kilometer unterwegs sind.

Am vergangenen Sonntag waren wieder so viele Menschen in einem Radius von über zehn Kilometern unterwegs wie an jenem Sonntag vor sechs Wochen, bevor die Ausgangsbeschränkungen in Kraft getreten waren. Ein Einbruch der Disziplin lasse sich daraus aber nicht ableiten, erklärt Mario Mayerthaler, Innovationsleiter bei A1. Denn die Österreicher haben sich bereits vor den offiziellen Maßnahmen verstärkt isoliert. "Ich war selbst überrascht, wie strikt die Vorgaben befolgt wurden", sagt der Forscher. Zum Vergleich: An den ersten beiden Sonntagen im März waren noch rund 25 Prozent der Bevölkerung mobil – und das bei kaltem Wetter. Unmittelbar vor den Maßnahmen sowie zuletzt lag der Anteil der mobilen Menschen bei 14 Prozent.

Mehr Mobilität am Sonntag.
Foto: Invenium Data Insights

Im Verlauf der letzten Wochen gab es außerdem Lockerungen der Corona-Maßnahmen für Geschäfte oder bei den Bundesgärten. Einzelne Hotspots in Wien wie der Volksgarten, der Bereich entlang der Donau oder der Yppenplatz zeichnen sich in den Daten der Forscher deutlich ab. Für den Handel wichtig: Auch in den vor kurzem noch leergefegten Innenstädten sieht man wieder mehr Aktivität.

Normalisierung Mitte Mai erwartet

Nicht nur am Wochenende, sondern auch an Werktagen waren die Österreicher im Verlauf der letzten Wochen mobiler. Vergangene Woche blieben noch 45 Prozent der Menschen innerhalb eines Radius von einem Kilometer. Auf dem Höhepunkt der Isolation lag dieser Wert bei 56 Prozent. Vor der Krise lag der Anteil unter 30 Prozent.

Werktags wurden die Österreicher wieder aktiver.
Invenium Data Insights

Bis Mitte Mai, wenn auch die Gasthäuser wieder öffnen dürfen, rechnen die Forscher mit einer deutlichen Zuname der Mobilität an den Wochenenden, sagt Michael Cik, Mitgründer von Invenium. Für die Mobilität an Werktagen wird es auch eine Rolle spielen, wie lange Unternehmen noch auf Home-Office setzen.

Bewegungsdrang nach Ostern

Dass seit Ostern mehr Österreicher ihre unmittelbare Umgebung verlassen, zeigt auch eine aktualisierte Auswertung des Complexity Science Hub (CSH) mit der TU Wien. Dort berechnen die Wissenschafter mitunter den mittleren Bewegungsradius. Nach dieser Methode ist die Mobilität der Österreicher fast auf das Niveau vor den Ausgangsbeschränkungen zurückgekehrt.

Bevor die Maßnahmen eingeführt wurden, bewegte sich der durchschnittliche Österreicher demnach in einem Umkreis von rund 14 Kilometern am Tag. Infolge der Ausgangsbeschränkungen halbierte sich der durchschnittliche Bewegungsradius der Bevölkerung auf knapp acht Kilometer. Nach dem Osterwochenende wurden mit über zwölf Kilometern fast die früheren Werte wiedererreicht.

Vorübergehend war der mittlere Bewegungsradius eingeschränkt.
Foto: CSH Vienne / TU WIen

Ob die gesteigerte Mobilität der Bevölkerung mit einem neuerlichen Anstieg bei den Corona-Infizierten einhergehen wird, lässt sich nicht ableiten. Immerhin liegt Ostern über zwei Wochen zurück, und die Zahl neuer Fälle ging stetig zurück. Die anonymisierten Handydaten zeigen nicht, ob sich die Menschen nur mit Haushaltsmitgliedern und stets auf Abstand zueinander bewegen. Das Tracking funktioniere nicht wie beim GPS auf den Meter genau, sondern für einen Radius von einem Kilometer, gibt Michael Cik von Invenium zu bedenken.

Die Analysen von Invenium beruhen auf Information darüber, welche Mobiltelefone von A1-Kunden sich über den Tag verteilt an welchen Handymasten melden. Jedes Handy erhält täglich eine für das Tracking automatisch und zufällig generierte Nummer zugewiesen. Der Prozess verläuft damit anonymisiert. Die Bewegungsprofile teilt die Forscherguppe seit Mitte März mit dem Krisenstab der Bundesregierung und machte sie im April auch öffentlich. Beim CHS und der TU Wien kombinieren die Forscher mehrere Datensets. (Leopold Stefan, 30.4.2020)