Die in China bestellte Ware erfüllt offenbar nicht die Qualitätsanforderungen.

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Bozen/Wien – Die PR-Show schien geglückt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte auf Bitten des Südtiroler Landeshauptmanns Arno Kompatscher (SVP) eine Luftbrücke zwischen Österreich und China organisiert. Zwei Boeing 777 der AUA flogen am 23. März 130 Tonnen medizinisches Schutzmaterial für Italien und Tirol ein. Am Steuer einer der Maschinen saß ein bekannter Ex-Radiomoderator. Die Zutaten für eine Heldengeschichte.

Doch auf die Euphorie folgte alsbald die Ernüchterung. Die gelieferten Schutzmasken erwiesen sich großteils als unbrauchbar. In Südtirol wird politisch ein Untersuchungsausschuss gefordert. Es ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft gegen die dortige Sanitätsbehörde sowie das Unternehmen, das die Lieferung in China organisiert hat: die Oberalp Group. Grund dafür sind fehlende Zertifikate, ohne die die Ware nicht hätte eingeführt werden dürfen, sagt Oberalp-CEO Christoph Engl.

Oberalp-CEO: "Wir haben versucht zu helfen"

Er fühlt sich zu Unrecht in der Kritik: "Wir haben versucht zu helfen, weil man uns darum gebeten hat." Die Oberalp Group sei Bergsportausrüster und kein Medizinprodukteimporteur. Engl sagt, sein Unternehmen habe im Auftrag der Behörden geordert.

Neben juristischem Ungemach droht der Firma auch ein finanzielles Debakel. Denn das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) hatte nach der ersten, groß inszenierten Lieferung eine weitere Großbestellung bei der Oberalp Group aufgegeben. Insgesamt 20 Millionen Schutzmasken, von denen bisher 1,7 Millionen geliefert wurden. Der Großteil ist weiter ausständig, wie ÖRK-Cheflogistiker Jürgen Kunert bestätigt. Denn es fehlen noch immer die Testergebnisse zur Qualität der Masken. Wenn diese nicht bald vorliegen und bescheinigen, dass die Ware in Ordnung ist, werde man von der Bestellung zurücktreten. Die Oberalp Group hat die Ware aber schon vorab in China bezahlt. Denn dort wird nur mehr gegen Vorkasse in US-Dollar produziert. Wie viel vorgestreckt wurde, will Engl nicht sagen, nur: "Es geht um viel Geld." Er habe im guten Glauben und Vertrauen gehandelt.

Kein Gewinn, nur Kursrisiko-Aufschlag

Freilich hatte auch die Oberalp Group ihre Hilfe für Eigen-PR genutzt und sich gerühmt, Südtirols Krisenmanagement zu übernehmen. Bis die Qualitätsprobleme bei den Masken publik wurden. Bereichert habe man sich allerdings nicht, betont Engl: "Wir haben keinen kommerziellen Aufschlag verrechnet, nur drei Prozent Kursrisiko wegen der Dollar-Vorkasse einkalkuliert." (Steffen Arora, 30.4.2020)