Donald Trump sieht seine Corona-Bilanz positiv. Über seinen Konkurrenten Joe Biden sagt er hingegen, "alles, was er je gemacht hat, war schlecht".

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Washington – Die US-Regierung hat in der Nacht auf Donnerstag erneut eine ganz eigene Version der Geschichte präsentiert. Im konkreten Fall handelt es sich um eine, in der die Reaktion von Präsident Donald Trump und seinem Team auf die Corona-Krise rechtzeitig und entschlossen ausgefallen ist und in der die aktuelle Zahl von mehr als einer Million Infizierten und mindestens 60.000 Covid-19-Toten "eine große Erfolgsgeschichte" darstellt, wie Trumps Schwiegersohn und Beauftragter für die medizinische Corona-Versorgung, Jared Kushner, sagte. Er befand zudem in der Sendung "Fox & Friends", die USA hätten "alle nötigen Meilensteine erreicht".

Trump selbst, der Anfang März noch ein Ende der Pandemie für den April vorausgesagt hatte und jüngst eine Behandlung durch Spritzen von Desinfektionsmitteln in den Raum stellte, sagte in bei einem Treffen mit Industriekapitänen, man habe "alles richtig gemacht".

"We did all the right moves", findet US-Präsident Donald Trump.
The White House

Trump hat sich zudem entschieden, die bundesweiten Richtlinien für eine räumliche Distanzierung mit diesem Donnerstag auslaufen zu lassen. Sie seien nicht mehr nötig, da nun die Staaten selbst sich um die Regelungen kümmern würden, so der US-Präsident. Trump hat in den vergangenen Wochen sowohl die "absolute Macht" für sich beansprucht, solche Regeln aufzustellen, als auch behauptet, dafür nicht zuständig zu sein. Zudem hat er nach Beginn seiner Kampagne "30 Tage, um die Ausbreitung zu verhindern" mehrfach dazu aufgerufen, gegen die von ihm selbst aufgestellten Regeln zu verstoßen. Unter anderem hatte er Demonstrationen gegen die Ausgangsbeschränkungen in mehreren demokratisch regierten Bundesstaaten via Twitter unterstützt. In North Carolina ist mittlerweile die Chefin der örtlichen "Reopen"-Demonstrationsbewegung, Audrey Whitlock, selbst an Covid-19 erkrankt.

China schuld am Misserfolg

Für Trump, der sich längst in seiner Kampagne für die Wahl im November befindet, ist es freilich vorteilhaft, die Entscheidung den Gouverneurinnen und Gouverneuren zu überlassen. Er war zuletzt von allen Seiten in Bedrängnis geraten. In seiner eigenen, weit rechts stehenden Basis hat sich die Stimmung gegen die Ausgangsbeschränkungen zuletzt verschärft. Auch aus Industriellenkreisen mehrt sich die Kritik. Tesla-Chef Elon Musk, der vergeblich um eine Ausnahme-Betriebsgenehmigung für sein Werk in Fremont angesucht hatte, nannte die Bestimmungen am am Donnerstag "faschistisch". Zugleich werden die Beschränkungen laut Umfragen aber von einer großen Mehrheit der Befragten in den USA weiterhin unterstützt. Und nicht zuletzt will auch Trump für den Fall einer zweiten Krankheitswelle nicht für deren Ausbruch verantwortlich sein.

Denn schon jetzt liegt er laut zahlreichen Umfragen deutlich hinter seinem vermutlichen demokratischen Konkurrenten Joe Biden zurück, dem bisher auch Vorwürfe, er habe 1993 einen schweren sexuellen Übergriff auf eine Mitarbeiterin begangen, nicht in der Wählergunst geschadet haben. Im Gegenteil hat er seinen Vorsprung in mehreren wichtigen Swing States im Mittleren Westen und im Osten der USA deutlich ausgebaut. Trump sagte dazu am Donnerstag, er glaube diesen Umfragen nicht. "Alles, was er je gemacht hat, war schlecht", laute sein Urteil über Biden. Dieser werde nicht gewählt werden, denn "ich glaube, dass die Menschen dieses Landes gescheit sind". Zudem stellte er in einem Gespräch mit der Agentur Reuters in den Raum, China wolle seine Wiederwahl sabotieren. Er denke daher an Maßnahmen, die sich gegen Peking richten, so Trump, der aber diese nicht konkreter darstellen wollte: "Ich kann viel machen."

Hoffen auf ein medizinisches Wunder

Trump wollte eigentlich die US-Wirtschaft zum Kern seiner Wiederwahlkampagne machen. Diese befindet sich aber weiter im Sturzflug: Die Corona-Krise führte bereits zu 30 Millionen Arbeitslosen in den USA, allein in der vergangenen Woche meldeten sich 3,84 Millionen Menschen neu arbeitslos.

Daher hofft der Präsident nun auf ein medizinisches Wunder, um seine Perspektiven für den Herbst zu verbessern. Ein solches wäre unter anderem eine bis dahin verfügbare Impfung, deren Entwicklung die USA nun tatsächlich noch einmal massiv beschleunigen wollen. Der Präsident hat zu diesem Zweck eine Operation mit dem klingenden Namen "Warp Speed" ins Leben gerufen. Noch heuer sollen dem Plan nach mithilfe der US-Armee, mehrerer Behörden und großer Pharmafirmen hunderte Millionen Impfstoffdosen zur Verfügung stehen, schreibt der Sender CNN unter Berufung auf Regierungskreise. Historisches Vorbild soll das "Manhatten Project" im Zweiten Weltkrieg zur Entwicklung einer Atombombe sein. Wie dieser Plan, der Schätzungen der meisten namhaften Virologen entgegensteht, umzusetzen sein könnte, wird aus dem Bericht nicht klar.

Schneller könnte es hingegen mit einem Medikament gehen. Wie anhand von Zwischenergebnissen am Donnerstag bekannt wurde, hat das Präparat Remdesivir bei seinem ersten Test, der wissenschaftliche Kriterien erfüllt, positive Ergebnisse bei Covid-19-Erkrankungen gezeigt. Diese Resultate stehen im Einklang mit ersten ermunternden Berichten aus Chicago, aber im Gegensatz zu einer Studie in China, die keinen Erfolg gezeigt hatte. Laut dem Seuchenexperten des Weißen Hauses, Anthony Fauci, zeigt der neue Versuch eine "signifikant positive Wirkung", wenn es darum gehe, die Spitalsaufenthaltsdauer zu verkürzen. Die Sterblichkeitsrate sei ebenfalls etwas geringer gewesen als ohne Verwendung des Medikaments, diese Differenz liege aber nicht im statistisch signifikanten Bereich. Remdesivir, das als Infusion verabreicht werden muss, wurde in dem Test an bereits schwerer erkrankten Patientinnen und Patienten getestet. Anhand der Erfahrung mit anderen antiviral wirkenden Medikamenten versprechen sich Forscherinnen und Forscher eine bessere Wirkung, wenn das Medikament in einem früheren Krankheitsstadium verabreicht wird. Entsprechende Versuche laufen. (Manuel Escher, 30.4.2020)