Ursula Kreil vom Roten Kreuz, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Infektiologe Robert Krause und Plasmaspender und Arzt Georg Mair (von links) bei der Pressekonferenz am Donnerstag.

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Ein Heilmittel gegen das Coronavirus gäbe es am besten schon heute. Forscherinnen und Forscher arbeiten seit dem Ausbruch der Pandemie daran, wie man die Lungenkrankheit am besten bekämpfen kann. Eine mögliche therapeutische Unterstützung für manche Covid-19-Patienten könnte eine Plasmaspende eines bereits genesenen Patienten sein.

Das sagte auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag mit Expertinnen und Experten. Ohnehin wolle man in den nächsten Wochen Therapieansätze gegen das Coronavirus vorstellen, um auch der Bevölkerung Ängste zu nehmen. Mit der Plasmatherapie hat Robert Krause bereits Erfahrungen. Er leitet die Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin an der Med-Uni Graz und konnte am Mittwoch den ersten Patienten mit Plasmatherapie nach fünf Wochen im Spital gesund entlassen.

Krause betont: "Das eine spezifische Medikament für Corona gibt es nicht." Die sogenannte rekonvaleszente Plasmatherapie wird in Österreich derzeit bei Patienten angewendet, die selbst keine Antikörper bilden können. Eine sogenannte passive Immunisierung wird dies genannt. Denn Antikörper sind notwendig, um eine Infektion zu bekämpfen. Einfach gesagt binden sie sich an das Virus, können es so unschädlich machen und zeigen dem Immunsystem, dass das Virus zerstört werden soll.

Besserung nach vier Tagen

Krauses Patient hatte aufgrund der angeborenen Immunschwäche keine Antikörper. Und einen schweren Krankheitsverlauf: Er wurde am 11. März positiv auf Covid-19 getestet, war zwei bis drei Wochen zu Hause, doch es ging ihm nicht besser. Auch im Krankenhaus, wo er mit unterschiedlichen Therapieansätzen behandelt wurde, konnte die Infektion nicht kuriert werden. Der Patient kam in die Uniklinik. "Das Einzige, was wir da noch tun konnten, um ihn zu retten, war, ihm das zu geben, was ihm fehlt: Plasma eines genesenen Patienten", sagt Krause. Bereits vier Tage nach der Therapie am 10. April habe sich der Krankheitszustand verbessert, und der Patient wurde auf die normale Station verlegt, am Mittwoch wurde er entlassen.

"Das war ein experimenteller Ansatz", sagt Infektiologe Krause, der betont, dass man das in Österreich bereits sehr früh gemacht habe. Er und sein Team haben den Ansatz auch bei zwei weiteren schweren Covid-19-Fällen, die eine Immunschwäche aufgrund anderer Krankheiten erworben haben, durchgeführt. Und sie zeigte Wirkung – einer der beiden ist laut Krause bereits wieder zu Hause und auf dem Weg der Besserung.

Aber: "Wir wissen nicht, ob diese Plasmatherapie bei allen Covid-19-Patienten wirkt", sagt Krause. Dazu liefen derzeit Studien. Die Therapie sei auch nicht ohne Nebenwirkungen, weil körperfremde Stoffe etwa eine allergische Reaktion oder eine Lungenschädigung durch die Transfusion auslösen könnten und sich so womöglich die Krankheit verschlimmert. Bei den behandelten Patienten sei dies nicht der Fall gewesen, sagt Krause, aber es sei immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung für ausgewählte Patienten.

Rotes Kreuz sammelt Spenden

Um zu diesem Plasma zu kommen, benötigt es Spenden von wieder gesunden Covid-19-Erkrankten – Rekonvaleszentenplasma wird das genannt. Der Orthopäde und Unfallchirurg Georg Mair ist einer von 200 Spenderinnen und Spendern, die ihr Plasma anderen Patienten zur Verfügung gestellt haben. Mair hat Anfang März erste Symptome bekommen, nachdem er einen symptomlosen Patienten, der zuvor in Ischgl war, behandelt hat und so vermutlich angesteckt wurde. Nach einem "eher leichteren Verlauf" wollte er sein Plasma spenden und hat sich mit dem Roten Kreuz, das dafür zuständig ist, in Verbindung gesetzt. Nach einem Test, bei dem seine Antikörper auf die Tauglichkeit für eine Spende untersucht wurden, hat er vier Wochen nach seiner Genesung – so ist die Regel – gespendet.

"Das dauert nur eine Stunde, aber für einen Patienten kann es einen riesigen Unterschied machen", sagt Ursula Kreil. Sie ist stellvertretende Leiterin der Blutspendezentrale beim Österreichischen Roten Kreuz. Dieses trifft eine Spenderauswahl, stellt das Plasma her und den Behandlern zur Verfügung. "Uns ist wichtig, dass wir dieses Plasma jederzeit in seiner sehr guten Qualität und hohem Sicherheitsstandard, in richtiger Blutgruppe und ausreichender Menge zur Verfügung stellen können", sagt Kreil. Das Plasma halte sich gelagert über ein Jahr und diene auch zur Vorbereitung, sollte es zu einer zweiten Infektionswelle kommen. Mittlerweile seien österreichweit 20 Patienten so behandelt worden.

Zeitpunkt zum Spenden

Trotzdem betont Kreil: Man habe zwar mit der passiven Immunisierung mit Coronaviren der Sars-1- und Mers-Epidemien, aber auch bei Ebola bereits Erfahrungen, dennoch brauche es "viele Daten, Erfahrungen un Erkenntnisse, um die Behandlungsformen auf eine breite und sichere Basis zu stellen". Auch um zu wissen, welche Patientengruppen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Dosis von einer Plasmatherapie profitieren könnten. Sie setzt Hoffnungen in eine dazu laufende, randomisierte Studie in Deutschland mit 100 Probanden. Was man aber schon wisse: Die Anzahl der Antikörper im Blut bleibt nach der Krankheit nicht auf einem hohen Niveau, was für die Spende aber entscheidend ist. Deshalb plädiert Ursula Kreil: "Jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir sammeln können." (set, 7.5.2020)