Wohncontainer – unter anderem aus Österreich – sollen dazu beitragen, dass die Flüchtlinge unter anderem im griechischen Lager von Moria besser untergebracht werden.
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Am Donnerstag kamen die ersten 60 der insgesamt 181 Container, die die österreichische Regierung für Flüchtlinge und Migranten nach Griechenland geschickt hatte, in Thessaloniki an. "Wir schätzen diese praktizierte Solidarität der österreichischen Regierung sehr", sagte der stellvertretende griechische Migrationsminister Georgios Koumoutsakos zum STANDARD und bedankt sich bei seinem "Freund Karl Nehammer", dem österreichischen Innenminister. Die Container, in denen jeweils sechs Personen leben können, werden sowohl in die Lager auf den Inseln Samos und Lesbos gebracht als auch aufs griechische Festland, wo es zahlreiche Camps gibt.

Insbesondere im Camp Moria auf Lesbos werden dringend solche Container gebraucht, denn die meisten Menschen müssen hier in selbstgebauten Zelten wohnen, die im Winter keinerlei Schutz vor Kälte und Nässe bieten. Wer in einem Container leben kann, hat auch bessere Möglichkeiten, auf Sauberkeit und Hygiene zu achten als andere, die im Winter im Schlamm campen müssen.

Weiter kein Covid-19 auf den Inseln

In den Camps auf den Inseln gibt es erfreulicherweise weiterhin keine Covid-19-Infektionen – sowie ingesamt auf den Ostägäischen Inseln das Virus bisher keine Verbreitung fand. Die griechische Regierung hat dies durch eine "Kombination an Maßnahmen" geschafft. "Die Inseln sind geschützt", meint Koumoutsakos, fügt aber hinzu, dass die Camps dort, etwa aufgrund des Platzmangels, gleichzeitig auch "anfällig" seien. Viele NGOs hatten zu Beginn der Pandemie gefordert, dass die Migranten von den Inseln geholt werden – tatsächlich sind Migranten im Gegensatz zum Festland dort zurzeit vor der Pandemie relativ sicher.

"Wir haben sehr früh Maßnahmen getroffen, die Leute in allen Sprachen informiert, Abstandhalten eingeführt und alle Aktivitäten gestoppt, die eine Ansammlung von vielen Leuten erzeugen würden. Wir haben auch die Bewegungsfreiheit eingeschränkt, aber nur deshalb, um die Menschen zu schützen", erklärt der Politiker der regierenden Nea Demokratia dem STANDARD. "Die Lage ist unter Kontrolle."

Strenge Maßnahmen in Griechenland

So ist es auch Griechen seit Wochen nicht erlaubt, auf die Inseln zu reisen. Das ist allerdings Teil der generellen Einschränkungen, abgesehen von der Flüchtlingssituation auf den Inseln. In den Camps auf dem Festland gab es Fälle von Infizierten, allerdings waren die meisten ohne Symptome. Wie auch in allen anderen europäischen Ländern sind vor allem alte Menschen und solche mit einem geschwächten Immunsystem sehr gefährdet.

Die Migranten und Flüchtlinge auf dem Balkan gehören zum ganz großen Teil nicht zu diesen Risikogruppen – denn es gibt unter ihnen kaum Menschen über 60.

Auf Ankünfte vorbereiten

Erleichtert hat die Situation der Umstand, dass es bereits seit Wochen praktisch keine Ankünfte mehr von Flüchtlingsbooten aus der Türkei auf den Ostägäischen Inseln gibt. "Wir müssen uns dennoch auf neue Ankünfte vorbereiten", so Koumoutsakos. "Wir sind nämlich sehr skeptisch, wie die Türkei agieren wird, wenn einmal die alarmierende Situation aufgrund der Covid-19-Pandemie beendet sein wird." Vertreter der Türkei hätten nämlich bereits angekündigt, dass es dann zu einer neuen "Bewegung Richtung Westen" kommen würde, erklärt er seine Sorge.

In Zeiten der Pandemie sei es aber schwierig, auf Neuankünfte adäquat zu reagieren, denn man müsse die Leute natürlich in Quarantäne-Stationen unterbringen. "Wir müssen sie ja so behandeln, als wären sie mögliche Covid-19-Fälle", erörtert er die "größte Herausforderung", die es derzeit gebe.

In Athen ist man alarmiert

Wenn also bedingt durch das gute Wetter viele Leute auf den Inseln ankommen würden – und dies könnte über den Sommer bis November der Fall sein –, werde man wegen dieser Quarantäne-Verpflichtungen in eine sehr komplizierte Situation geraten. "Wir können nicht zu hundert Prozent darauf vorbereitet sein", so Koumoutsakos.

Seit die türkische Regierung Anfang März erfolglos versucht hat, zehntausende Migranten und Flüchtlinge über die Landesgrenze am Fluss Evros Richtung Griechenland zur schicken, ist man in Athen besonders alarmiert. "Wir sind jetzt auf jeden Fall besser vorbereitet, weil wir jetzt wissen, was wir tun müssen", so Koumoutsakos. "Migration darf nicht ein Grund für Reibereien und Spannungen werden", fügt er hinzu. "Migranten sollten nicht dafür benutzt werden, um andere rundherum zu verärgern oder Grenzen zu verletzen. Wir werden solche Spiele nicht erlauben", sagt er in Richtung Türkei. Koumoutsakos hofft, dass "die Türkei die Hand zu uns ausstreckt und Beratungen beginnt".

Spannungen nicht erhöhen

Andererseits ist der Politiker aber angesichts der "Instrumentalisierung" des Themas nicht wirklich zuversichtlich, dass dies auch der Fall sein wird. "Sie müssen in der Türkei damit aufhören, in der Ägäis die Spannungen zu erhöhen", fordert er.

Hilfsbereit zeigt sich in der Flüchtlingsfrage indes Finnland, das sich bereiterklärte, 100 unbegleitete Minderjährige und 30 Erwachsene aus Griechenland aufzunehmen. Koumoutsakos betont, dass man gern noch mehr Zusicherungen von EU-Staaten bekommen würde, "damit wir 1.600 Verlegungen in andere EU-Staaten erreichen". Bisher hat das winzige Luxemburg zwölf und Deutschland etwa 50 Flüchtlinge aufgenommen. Insgesamt haben 13 EU-Staaten ihre Bereitschaft erklärt, Flüchtlinge aus Griechenland aufzunehmen. In Deutschland könnten bis zu 350 aufgenommen werden, sagt Koumoutsakos.

Solidarität anders zeigen

Natürlich würde man es in Griechenland auch wertschätzen, wenn Österreich unbegleitete Minderjährige aufnehmen würde. "Aber wir haben diesen Punkt mit Minister Nehammer nicht besprochen, weil ich weiß, dass Österreich bevorzugt, seine Solidarität anders zu zeigen" – etwa indem Beamte, die die Grenze schützen sollen, an die Grenzschutzagentur Frontex entsandt werden.

In Griechenland selbst – das wie alle Balkanstaaten nicht so stark von der Pandemie betroffen ist wie Westeuropa – bereite man nun "vorsichtige Öffnungsmaßnahmen" vor, so Koumoutsakos. (Adelheid Wölfl, 1.5.2020)