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Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo haben seit März fast neun Prozent der 15- bis 24-Jährigen ihren Job verloren.

Foto: Getty Images / Peter Dazeley

Wie wird es weitergehen? Das fragen sich derzeit viele. Auch die jungen Betroffenen der Corona-Pandemie sorgen sich um ihre berufliche Zukunft. Zudem sind Schüler, Lehrlinge, Studierende, junge Gründerinnen und Berufseinsteiger auch die Zukunft des Landes – eine volkswirtschaftliche Herausforderung.

Einige sind direkt von der Krise betroffen. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo haben seit März fast neun Prozent der 15- bis 24-Jährigen ihren Job verloren. Die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen hat sich verdoppelt. Junge Menschen sind eher davon betroffen, weil sie öfter in Branchen arbeiten, die besonders angeschlagen sind, etwa die Gastronomie oder der Tourismus, aber auch im Dienstleistungs-, im Kultur- und Kreativbereich.

Darunter sind viele Studierende, die ihren (geringfügigen) Nebenjob verlieren, Berufseinsteiger oder Freiberuflerinnen. Zudem sind Junge häufig befristet angestellt und werden schneller gekündigt. Jörg Flecker, Arbeitssoziologe an der Uni Wien, rechnet nicht damit, dass die Arbeitslosigkeit rasch sinken wird. "Das betrifft natürlich die, die neu in den Arbeitsmarkt wollen", sagt er.

"Narben" beim Berufseinstieg

Ökonomen sagen einen Absturz der Wirtschaft voraus. Arbeitgeber reagieren darauf bereits jetzt mit weniger Jobanzeigen, Lehrstellen oder Praktika. Das bedeutet für Junge auch weniger Reinschnuppern in die Praxis. Das könnte später in manchen Branchen einen Fachkräftemangel auslösen. "Ein Defizit an Lehrlingsausbildung in der Krise kann zu einem Mangel in der Hochkonjunktur führen", sagt Wifo-Ökonomin Ulrike Huemer.

Hinzu komme, dass sich der Berufseinstieg verzögere, die Jungen in mehreren prekären Jobs arbeiten, sagt Flecker. Schon vor der Corona-Krise war der Eintritt ins Berufsleben "nicht problemfrei". Dabei beeinflusse dessen Art die ganze Laufbahn. Das wird als "Narbe" bezeichnet, die sich durch längere arbeitslose Phasen zu Beginn des Erwerbslebens später negativ auf Erwerbsstatus, Einkommen und Lebenszufriedenheit auswirken könne, sagt Huemer.

Ungleichheit verstärkt sich

Dass durch die Krise eine ganze Generation abgehängt werde, wie in Spanien und Griechenland nach der Finanzkrise 2008, glaubt Soziologe Flecker nicht. "Auch wenn es im Moment alle trifft, werden später nicht alle einen Nachteil haben. Die bereits bestehende Ungleichheit verstärkt sich." Junge Frauen etwa, die im Ausland geboren wurden, oder Menschen, deren Eltern eingewandert sind, hätten es schwerer.

"Jede einschneidende Lebenserfahrung im jungen Alter prägt die Perspektive einer Generation", sagt Beate Großegger. Sie leitet das Institut für Jugendkulturforschung, das kürzlich eintausend 16- bis 29-Jährige zur Corona-Isolation befragte. Fast die Hälfte blickt nun düster in die Zukunft, 80 Prozent sorgen sich um Arbeitsplätze.

Maturanten, Lehrlinge und Studierende können zwar heuer abschließen, hätten aber Angst, dass sich ihr Abschluss verzögert, sagt Großegger. Die Jungen seien verunsichert. Bereits vor der Krise – und seither vermehrt – suchen sie Orientierung und Sicherheit.

Die berufliche Zukunft sei für die meisten noch nicht vorstellbar, sagt die Jugendforscherin. Vielmehr hätten sie "eine diffuse Zukunftsangst, die sie hindert, Handlungsperspektiven zu setzen". Das heißt: "Sie hängen wegen Corona in der Warteschleife." Nicht nur das: Einige sind wegen der Pandemie zu den Eltern gezogen oder erneut finanziell von ihnen abhängig. So verzögert sich nicht nur der Berufseintritt, sondern auch das Erwachsenwerden.


Was bedeutet die Krise für die beruflichen Wege der Jungen?

Zittern um das Tanzstudio

Tänzerin Tanja Huber (29).
Foto: Eva Denise Rasser

"Ich habe Existenzängste. Seit zehn Jahren arbeite ich als selbstständige Tänzerin und Musikpädagogin und leite ein Tanzstudio. Derzeit weiß ich nicht, ob das Studio die Krise überleben wird. Über dessen gemeinnützigen Verein bin ich in Kurzarbeit, ansonsten haben wir keinen Cent Unterstützung erhalten, weil wir in keinen Fonds fallen. Aber die Mieten laufen weiter, und viele Kunden fragen, ob sie die bereits bezahlten Stunden zurückbekommen. Wenn wir die zahlen müssen, gehen wir sofort in Konkurs.

Ich hoffe, dass viele aus Solidarität darauf verzichten. Als Selbstständige habe ich seit März null Euro verdient, viele Shows – Einkünfte, von denen ich lebe – sind weggefallen. Auch wenn es ein unsicherer Job ist, hatte ich in den vergangenen fünf Jahren ein stabiles Einkommen.

Die Situation ist für mich extrem belastend, besonders die vielen Unklarheiten und fehlende Planungssicherheit. In schlaflosen Nächten wälze ich Ideen, um das Studio zu retten und meine Kunden zu behalten. Vielleicht löse ich es mit meinem Ersparten aus, wenn es krachen geht. Oder ich fange im Herbst einen Master an."


Die Sorge, ein Semester zu verlieren

Studentin Seyda Gün (22).
Foto: privat

"Meine berufliche Zukunft ist im Moment Nebensache, meine größte Hürde ist mein Studium. Ich studiere im Bachelor Publizistik an der Uni Wien, das Studieren hat sich durch Corona stark verändert. Man braucht viel Selbstdisziplin, um zu Hause zu lernen.

Diese Woche hatte ich meine erste Online-Klausur. Ich finde es gut, dass wir die Chance haben, das Semester abzuschließen, um keine Verzögerungen befürchten zu müssen. Aber so wie die Prüfung abgelaufen ist, mache ich mir schon Sorgen, dass ich ein Semester verliere. Das E-Learning bereitet mich nicht wirklich auf die neuen Prüfungsformen vor, die nun offene statt Multiple-Choice-Fragen haben.

Mein Plan wäre es, im Sommer 2021 das Studium abzuschließen und danach Praktika zu machen. Aber das ist jetzt alles unsicher. Nächste Woche fange ich immerhin wieder meinen geringfügigen Nebenjob im Modehandel an, von dem ich zum Glück nicht gekündigt wurde. Finanzielle Sorgen habe ich nicht – auch weil mich meine Eltern, bei denen ich wohne, unterstützen können. Da bin ich sehr privilegiert."


Klimawandel bedrohlicher als Corona

Schüler Lukas Mayr (15).
Foto: privat

"Den Umständen entsprechend geht es mir ziemlich gut. Ich mache eine duale Ausbildung: Gymnasium und parallel eine Lehre zum Mechatroniker. Da ist Homeschooling angesagt. Das ist zwar mühsam, weil die Kommunikation nicht immer so funktioniert wie gewünscht, außerdem fehlt mir die Übung in der Werkstatt.

Es ist aber auch ein Arschtritt, sich beim Lernen selbst zu organisieren. Ohne den direkten Druck der Lehrer ist mir einmal mehr klar geworden, dass ich für mich lerne. Da muss ich aufpassen, mich nicht nur den Lieblingsfächern zu widmen. Gleichzeitig sorge ich mich, dass ich durch den begrenzten Unterricht nicht alles verstehe oder mir Wissen und Praxis später fehlen werden. Mein verpflichtendes Praktikum im Sommer wurde gestrichen.

Ansonsten denke ich, dass ich mit Matura und technischer Lehre eine gute Basis für die berufliche Zukunft habe. Später will ich studieren und so leben und arbeiten, dass ich zum Klimaschutz beitrage. Ich denke, dass der Klimawandel meine Zukunft mehr beeinflussen wird als das Virus. Denn dagegen wird es keine Impfung geben."


In der Probezeit gekündigt

Arbeitssuchende Stefanie Ecker (25).
Foto: privat

"Ich bin zum ersten Mal arbeitslos. Im März habe ich eine Traineestelle in einer Versicherung begonnen. Kurz nach dem ersten Arbeitstag bekam ich einen Anruf: Wegen der Wirtschaftslage würden alle in Probezeit gekündigt. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hätte nicht gedacht, dass Corona mich trifft, weil die Branche ja gut aufgestellt ist und ich Lehre, Studium und Berufserfahrung vorweisen kann.

Mein Plan für die nächsten zwei Jahre fällt flach, ich hänge in der Luft. Es ist eine Lücke im Lebenslauf, die jeder versteht, aber es ist trotzdem kein gutes Gefühl. Auf lange Sicht mache ich mir weniger Sorgen um meine Jobchancen. Versicherungen wird es auch nach Corona geben.

Mit zwei Firmen habe ich schon Bewerbungsgespräche geführt, eine hat Interesse. Das ist motivierend. Ich will so bald wie möglich arbeiten, nicht nur den berufsbegleitenden Master machen. Das Arbeitslosengeld ist gering, es deckt nur Fixkosten wie Auto und Versicherung. Die Miete erlassen mir meine Eltern, in deren Haus ich eine Wohnung habe, Lebensmittel zahle ich vom Ersparten." (Selina Thaler, 2.5.2020)