Ob Hotels erst in ein oder zwei Wochen öffnen, ist für die betroffenen Unternehmer ganz entscheidend.

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Eine aktuelle Studie über die Auswirkungen der Spanischen Grippe auf verschiedene US-amerikanische Städte hat gezeigt, dass jene Städte, die früh Maßnahmen ergriffen haben und diese lange beibehalten haben, sich wirtschaftlich am schnellsten wieder erholten. Es gibt gute Gründe, dass die gleiche Dynamik auch bei der Corona-Krise wirken wird – dass es also der österreichischen Wirtschaft mittelfristig wenig hilft, wenn zu rasch oder zu stark gelockert wird.

Ob Kaffeehäuser, Restaurants und Hotels ein oder zwei Wochen früher oder später öffnen können, auf wie viele Gäste sie wegen der fortbestehenden Auflagen verzichten müssen, ist für die betroffenen Unternehmer ganz entscheidend. Für die Jahresbilanz der Konjunktur wird es am Ende hingegen keine große Rolle spielen.

Nicht wettzumachende Verluste

Diese ist in Österreich und anderen exportorientierten Ländern am stärksten von der Entwicklung der Weltwirtschaft abhängig. Selbst wenn viele Dienstleistungsbetriebe in den kommenden Wochen etwas mehr Umsatz machen können, würde das die Verluste, die eine globale Depression für die Industrie bedeutete, nicht wettmachen. Doch auf die internationale Entwicklung kann die heimische Politik keinen Einfluss nehmen.

Sie kann allerdings dazu beitragen, die größte Gefahr für die Wirtschaft zu vermeiden. Und das wäre eine starke zweite Welle an Corona-Infektionen, die im Herbst zu einem neuerlichen Lockdown zwingt. Das würde nicht nur zu zusätzlichen dramatischen Umsatzverlusten führen, sondern auch die Hoffnung auf eine Erholung im kommenden Jahr zerstören. Denn bei einem ständigen Hin und Her zwischen Öffnung und Schließung würde kaum ein Unternehmen noch investieren und bereit sein, neue Mitarbeiter anzustellen.

Die Schlummerphase muss anhalten

All das spricht für das vorsichtige Vorgehen, das die Regierung derzeit beim Wiederhochfahren der Wirtschaft verfolgt und das bei vielen Unternehmen auf Ungeduld und Ärger stößt. Die Zeit des Tiefschlafs für so viele Dienstleistungsbetriebe mag zwar vorbei sein, aber die Schlummerphase muss wohl noch ein wenig anhalten, bis die Infektionszahlen noch weiter gesunken sind und in jedem Fall nachverfolgt werden kann, wer angesteckt worden sein könnte.

Das Hauptaugenmerk muss nun darauf liegen, die Voraussetzungen für eine kräftige Erholung nach der Pandemie zu schaffen. Die Kurzarbeit, die Kündigungen und Arbeitslosigkeit verhindert, ist das wichtigste Instrument. Sie darf tatsächlich kosten, was es wolle – zehn Milliarden oder mehr. Und sie muss voraussichtlich über die derzeit vorgesehenen sechs Monate hinaus verlängert werden.

Feuer am Dach

Auch Insolvenzen müssen so weit wie möglich verhindert werden. Das ist weniger wichtig in der Gastronomie, wo Lokale ständig schließen und mit neuen Eigentümern wieder öffnen, als in der Hotellerie. Selbst wenn die meisten Gäste heuer ausbleiben, würden reihenweise Betriebsschließungen Tourismusorte auf Jahre hinaus belasten. Und wenn erst Industriesektoren unter Druck geraten, dann ist tatsächlich Feuer am Dach. So stark der Schuldenberg der Republik auch noch wachsen mag – die Milliardeninvestitionen, die die Regierung vor kurzem in Aussicht gestellt hat, dürfen nicht dem Sparstift zum Opfer fallen. Eine solche langfristige Strategie wäre der entscheidende Beitrag der Politik, um den wirtschaftlichen Schaden der Corona-Krise zu begrenzen. (Eric Frey, 1.5.2020)