Wenn die Regierung unbedingt von Geschenken reden will, warum macht sie den Menschen nicht ein wirklich großes Geschenk?

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Überall ist die Rede von Hilfspaketen und Nothilfen. Die gönnerhafte Art, mit der die Regierung unser Steuergeld verteilt, als kämen die Zahlungen direkt aus ihrem privaten Börsel, geht vielen in diesem Land langsam auf den Wecker. Als "Miteigentümerinnen und Miteigentümer" des Staates haben Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein Recht auf seine Leistungen! Bei aller Sinnhaftigkeit der Maßnahmen sollten die Regierenden auch verstehen, dass Kleinunternehmer nicht gerne als Empfänger karitativer Hilfen dargestellt werden und schon gar nicht Tage mit dem Schreiben von Anträgen verbringen wollen.

Aber wenn die Regierung schon unbedingt von Geschenken reden will, warum macht sie den Menschen nicht ein wirklich großes Geschenk und ermöglicht ihnen mehr unternehmerische Freiheit?

Größte Wirtschaftskrise in der Geschichte der Zweiten Republik

Auf uns kommt die größte Wirtschaftskrise in der Geschichte der Zweiten Republik zu. Die Arbeitslosenzahlen schnellen in die Höhe, und große Konzerne, die auf dem Weltmarkt agieren, werden viel mehr Arbeitsplätze abbauen als neue schaffen. Die Krise zeigt aber auch, wie viel kreatives Potenzial in den Menschen steckt. Wir brauchen jetzt Zuversicht, dass es sich auszahlt, unternehmerisch tätig zu werden. Im Moment entsteht eher der gegenteilige Eindruck, dass man als Selbstständiger oder kleiner Unternehmer der Dumme und ein Charity-Fall ist.

Warum schafft man nicht endlich die Gewerbeordnung ab? Vor mehr als 150 Jahren hat sie geholfen, dem Zunftwesen des Mittelalters zu entkommen, heute ist sie überholt und selbst bürokratisches Mittelalter. Unternehmensgründungen sind weiterhin schwierig, der Zugang zu Gewerben in vielen Bereichen intransparent und oft mit hohen Kosten für die geforderten Ausbildungen verbunden. Klar ist, dass es weiterhin einen Befähigungsnachweis für Branchen in kritischen Bereichen wie Sicherheit und Finanzen geben muss. Für alle anderen braucht es das nicht. Die Abschaffung der Gewerbeordnung könnte ein erster Anfang sein, um das Unternehmertum zu stärken.

Maximale Flexibilisierung

Wir brauchen eine echte Gründerzeit, und das schafft man nur mit einem radikalen Abbau von Verordnungen, Bürokratie und "Red Tape". Viele neue Geschäftsmodelle können nicht in klassische Branchen und Gewerbe eingeteilt werden, hier tut eine maximale Flexibilisierung not.

In den letzten Wochen wurde klar, wie viel Lebensqualität und auch Resilienz durch kleinteilige Versorgungsstrukturen möglich ist. Stärken wir regionale, überschaubare Wirtschaftskreisläufe. Der Zugang zu Förderungen ist ungleich verteilt, und die Großen tun sich leichter, an diese heranzukommen. Genossenschaften und andere, neue Formen von regional vernetzten, nachhaltigen Unternehmensmodellen brauchen bessere gesetzliche Rahmenbedingungen und Finanzierungsmechanismen.

Viele junge Menschen könnten mit kreativem Unternehmertum ein Auskommen finden, anstatt durch Konzerne der Gig-Economy wie Uber per Scheinselbstständigkeit ins Prekariat gedrängt zu werden. In der gegenwärtigen Krise leistet die Förderung von Entrepreneurship und Wirtschaftsbildung einen wichtigen Beitrag, damit eine neue Generation in schwierigen Zeiten erfolgreich unternehmerisch tätig werden kann. (Philippe Narval, 3.5.2020)