Wien – Muss man sich um Wien Corona-mäßig Sorgen machen? Immerhin waren die Bundeshauptstadt sowie Salzburg am Sonntag die einzigen Bundesländer, die einen Anstieg der aktiv Erkrankten meldeten – zwei nachgewiesene Neuinfizierte gab es laut Gesundheitsministerium in Salzburg, 25 neue Patienten in Wien. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wird in der Kronen Zeitung zur Situation in Wien deshalb mit dem Satz "Diese Entwicklung erfüllt mich mit Sorge" zitiert.

Allerdings: Im Krisenstab des Innenressorts sieht man keinen Grund zur Panik. "Es ist grundsätzlich ruhig, wir haben eine stabile Lage", sagt ein Mitglied im STANDARD-Gespräch. Auch das Faktum, dass die sogenannte effektive Reproduktionszahl – also wie viele andere Personen ein Infizierter ansteckt – in Wien derzeit bei 0,9 und damit über dem Bundesschnitt liegt, ficht niemanden an. Solange der Wert unter 1 liege, sehe man keine Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen.

Reproduktionszahl allein nicht entscheidend

Auch in der Taskforce des Gesundheitsministeriums sieht man offenbar keinen Grund, alarmiert zu sein. Denn die Bedeutung der Reproduktionszahl sei auch von der Größe der Grundgesamtheit abhängig. Wenn es nur einen einzigen Erkrankten gäbe, der vier Mitmenschen infiziert, würde der Wert zwar bei 4 liegen – in einer Stadt mit knapp 1,9 Millionen Einwohnern wäre das aber vernachlässigbar. Am Sonntag zählte das Ministerium für Wien 604 akute Fälle.

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Tatsächlich spielt ein am 1. Mai bekannt gewordener Ausbruch in einer Unterkunft der Caritas für Asylwerber in Wien-Erdberg eine wesentliche Rolle in der aktuellen Wiener Corona-Statistik. Wie Andreas Huber, Sprecher des medizinischen Krisenstabes der Stadt Wien, erklärt, seien bis Sonntagmittag 22 Bewohner und vier Mitglieder des Betreuungspersonals positiv auf eine Covid-19-Infektion getestet worden.

Infizierte Asylwerber in Messehalle

Insgesamt seien rund 400 Menschen untersucht worden, rund 50 Befunde stehen noch aus. Während die betroffenen Angestellten in häusliche Isolation geschickt wurden, wurden die positiv getesteten Asylwerber im Betreuungszentrum in der Messehalle untergebracht, der Rest auf andere Unterkünfte aufgeteilt.

Die erste Lockerung der Corona-Verordnungen nach Ostern hat in der Statistik bisher jedenfalls keine deutlichen Spuren hinterlassen. Nach der Öffnung aller anderen Geschäfte am Samstag (siehe Seite 4) soll nun mit 15. Mai der nächste – möglicherweise leicht torkelnde – Schritt zur Normalität kommen: Die Gastronomie darf unter Einschränkungen wieder aufsperren, und auch in den katholischen Kirchen darf wieder gebetet werden.

Die Bischofskonferenz veröffentlichte am Sonntag daher ein Hirtenwort mit detaillierten Regeln. Generell gilt auch in den Gotteshäusern: zehn Quadratmeter pro Person, prinzipiell zwei Meter Mindestabstand, Maskenpflicht, regelmäßige Desinfektion von Türgriffen. Über die Einhaltung sollen demnach Ordnerdienste wachen. Kommt es irrtümlich zum direkten Handkontakt, muss der liturgische Dienst unterbrochen werden und die Beteiligten müssen sich die Hände säubern.

Hostien müssen zugedeckt sein

Ganz genau haben die Bischöfe geregelt, wie die Kommunion gespendet wird: Nur Handkommunion ist erlaubt, dabei ist aber eben direkter Handkontakt zu vermeiden. Die Hostien müssen bis dahin zugedeckt sein, der Austeiler muss kurz vorher eine Maske anlegen und sich die Hände "gründlich" reinigen. Es ist "größtmöglicher Abstand" einzuhalten, "die Worte 'Der Leib Christi' – 'Amen' entfallen". Die Zwei-Meter-Regel und die Maskenpflicht sind dafür kurzfristig ausgesetzt.

Taufen und Trauungen sind möglich, jedoch nur mit maximal zehn Teilnehmenden – empfohlen wird eine Verschiebung. Bei der Eheschließung wird statt des Ansteckens der Ringe "die Bestätigung der Vermählung durch das Umwickeln der Hände mit einer Stola in Stille" vorgeschlagen. (moe, APA, 3.5.2020)