Bruce Schneier hält nichts von Contact-Tracing-Apps.

Foto: Joe MacInnis

Viel wurde in den vergangenen Wochen über die technische Machbarkeit von Contact-Tracing-Apps diskutiert. Bald stellte sich heraus, dass es einige Hürden gibt, die einer zuverlässigen Aufzeichnung von Kontakten im Hintergrund im Wege stehen. Ein Problem, das gemeinsam von Apple und Google entwickelte Schnittstellen ausräumen sollen, die seit kurzem von App-Herstellern getestet werden.

Sinnhaftigkeit

Die übergeordnete Frage ist damit aber noch immer nicht beantwortet: nämlich ob all das überhaupt Sinn ergibt. Mit Bruce Schneier meldet sich nun einer der weltweit angesehensten Sicherheitsexperten und Kryptografen zu Wort, und zwar mit recht deutlichen Worten: "Mein Problem mit den Contact-Tracing-Apps ist, dass sie absolut keinen Wert haben."

Solche Apps würden unweigerlich sowohl zu viele "Falsch-Positive" als auch "Falsch-Negative" produzieren, um irgendwie brauchbar zu sein. Das habe mehrere Gründe: Bluetooth sei für die Erfassung von Kontakten einfach zu ungenau, um wirklich jeden Kontakt zu erfassen. Und das selbst, wenn man davon ausgehe, dass ein Großteil der Menschen eine solche App installieren würde – was unrealistisch sei. Dazu komme, dass es nicht unterscheiden könne, ob ein Kontakt direkt neben einem steht oder etwa durch eine Glasscheibe oder auch eine Wand getrennt sei – womit allerdings das Infektionsrisiko gleich null wäre. Zudem dürfe man nicht vergessen, dass viele Kontakte gar nicht zu einer Infektion führen.

Zusammenfassung

Im Endeffekt stelle sich die Situation also so dar: Wenn man einen Alarm bekomme, könne man sich in keiner Weise sicher sein, dass man infiziert sei. Genau das wäre aber notwendig, immerhin soll man sich ja in so einem Fall in Quarantäne begeben. Das sei auch deswegen problematisch, da es für viele noch immer unmöglich sei, schnell einen Test zu bekommen. Umgekehrt sei es aber auch nicht so, dass man davon ausgehen könne, dass man nicht infiziert sei, wenn man keinen Alarm bekommt.

Im Endeffekt sei all das wieder einmal ein Beispiel für ein bekanntes Phänomen: nämlich dass Technikfans irgendwelche Technikdinge tun, weil ihnen sonst nichts einfällt. Und dabei gehe es nicht einmal um Privacy-Probleme: "Die Vorstellung, dass die Ermittlung von Kontaktpersonen mit einer App und nicht mit Gesundheitsexperten durchgeführt werden kann, ist einfach nur dumm", resümiert Schneier. (red, 4.5.2020)