Seit 2013 wurde die KZ-Gedenkstätte Mauthausen 22-mal geschändet – das Mauthausen-Komitee erfuhr von einigen Vorfällen nur dank einer parlamentarischen Anfrage.

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Mindestens 107-mal wurden in den vergangenen sieben Jahren Gedenkstätten für NS-Opfer in Österreich geschändet, etwa durch Vandalismus. Der Großteil dieser Straftaten wurde der Öffentlichkeit allerdings nicht bekannt – und auch das Mauthausen-Komitee (MKÖ), Nachfolgeorganisation der Lagergemeinschaft Mauthausen, wurde über 22 Schändungen in der KZ-Gedenkstätte nicht informiert.

Deshalb äußert MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi nun drastische Kritik. "Es ist völlig unverständlich, dass das Innenministerium, die Sicherheitsbehörden und die verantwortlichen Politiker die allermeisten Gedenkstättenschändungen bisher totgeschwiegen haben", sagt Mernyi, der politisch für die SPÖ aktiv ist. Deren Abgeordnete Sabine Schatz hatte die Zahl der Schändungen von Gedenkstätten über eine parlamentarische Anfrage herausgefunden. Mernyi fordert die Regierung auf, "zeitnah" über "braune Verbrechen" zu informieren, den Verfassungsschutz aufzustocken und den "Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" umzusetzen.

Gedenkveranstaltung im Schatten des Coronavirus

Tatsächlich stehen derartige Vorhaben im türkis-grünen Regierungsabkommen. Durch die Coronavirus-Krise dürften sie jedoch vorerst an Priorität verloren haben. Wegen der Pandemie finden auch Gedenkveranstaltungen in anderem Rahmen statt. Am Dienstagvormittag luden Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Robert Seeber (beide ÖVP) anlässlich des 75. Jahrestags der Befreiung von Mauthausen zur Veranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – mit begrenzter Teilnehmerzahl.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Gedenken am ehemaligen Appellplatz im Konzentrationslager Mauthausen.
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Van der Bellen legte Kranz nieder

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen und seiner 49 Nebenlager auf dem Appellplatz des ehemaligen Lagers im Gedenken an die Opfer einen Kranz niedergelegt. "Fassungslos – auch heute noch – und voll Scham verneigen wir uns vor den Opfern von damals", hatte der Bundespräsident schon tags zuvor in einer Videobotschaft erklärt.

Die traditionelle Mauthausen-Befreiungsfeier findet heuer zwar wie immer am 10. Mai statt, wegen der Corona-Pandemie allerdings online auf der Website des Mauthausen-Komitees Österreich. Von 1938 bis zur endgültigen Befreiung des KZ am 7. Mai 1945 durch die 11. Panzerdivision der Dritten US-Armee kamen nach Mauthausen 200.000 Gefangene, die Hälfte von ihnen überlebte die NS-Vernichtungsmaschinerie nicht.

Kurz erinnerte an dunkelste Seiten der Geschichte

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen an die historische Verantwortung Österreichs "für die dunkelsten Seiten der Geschichte" erinnert. "Mauthausen steht wie kein zweiter Ort in unserem Land für die Schrecken des NS-Terrorregimes. Umso wichtiger ist , sich auch heute der Verantwortung der Geschichte zu stellen", sagte Kurz am Dienstag.

Diese "dunkelsten Seiten" dürften niemals in Vergessenheit geraten. "Es ist 75 Jahre nach der Befreiung unerlässlich, sich an die Gräueltaten und Verbrechen, die im Nationalsozialismus begangen wurden, zu erinnern. Wir erinnern uns daran, dass Österreicherinnen und Österreicher nicht nur Opfer, sondern auch Täterinnen und Täter waren", bekräftigte der Kanzler.

Sobotka will Fackel der Erinnerung weitertragen

Auch wenn die Corona-Krise eine außergewöhnliche Zeit ist, sei sie unvergleichbar mit jener Zeit, der heute, 75 Jahre nach der Befreiung des KZ Mauthausen, gedacht wird, stellte Nationalratspräsident Sobotka bei der – Pandemie-bedingt reduzierten – Gedenkveranstaltung des Parlaments gegen Gewalt und Rassismus fest.

Heute könne man dankbar sein, dass die Gesellschaft "in ihren Grundfesten vom unerschütterlichen Festhalten an demokratischer Rechtsstaatlichkeit und Solidarität gegenüber all ihren Mitgliedern geprägt ist". Das Konzentrationslager Mauthausen stehe – wie alle "Orte des Schreckens" der NS-Herrschaft – "für das düstere Gegenteil all dessen, was unsere Gesellschaft ausmacht", nämlich für "das Böse schlechthin", für Zynismus, Selbstüberschätzung, Gewalt, die konstruierte Einteilung der Menschen in Höher- und Minderwertige, Ausmerzung der Untüchtigen und mörderischen Judenhass.

"Heute gedenken wir aller Opfer des Irrsinns, der Toten, der gepeinigten Überlebenden, und wir tun dies in Demut und Scham", verbunden mit der "starken Gewissheit, dem Rassenwahn in unserem Land keinen Platz zu lassen", betonte Sobotka. Es gelte, die "Fackel der Erinnerung" zu Kindern und Enkeln weiterzutragen und gemeinsam gegen den Antisemitismus zu kämpfen – "auch in Zeiten noch so großer Herausforderungen". (Fabian Schmid, APA, 5.5.2020)