"Wir reden hier über eine Branche, die als erste zugesperrt hat und mit großer Wahrscheinlichkeit als letzte wieder aufsperren wird", sagt SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda.

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Wien – "Besonders unprofessionell und leidenschaftslos" nennt SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda das kulturpolitische Vorgehen der Regierung angesichts der Corona-Krise. Gemeinsam mit Neos-Kultursprecher Sepp Schellhorn und dem Tenor Wolfgang Ablinger-Sperrhacke präsentierte er am Dienstag in einer Pressekonferenz im Parlamentsausweichquartier in der Hofburg eine Reihe an Forderungen und Vorschlägen.

"Wir reden hier über eine Branche, die als erste zugesperrt hat und mit großer Wahrscheinlichkeit als letzte wieder aufsperren wird", unterstrich Drozda die Dringlichkeit von Unterstützungsmaßnahmen sowie der Sicherstellung von Fahrplänen für das Wiederhochfahren der Kulturbranche. "Die Tatsache, dass es den angekündigten Fonds für gemeinnützige Vereine noch immer nicht gibt, ist wirklich skandalös", kritisierte der ehemalige Kulturminister die nunmehrige Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) und präsentierte drei Ideen, um den "verheerenden Auswirkungen" der Krise entgegenzutreten.

So schlägt Drozda eine Einbeziehung freischaffender Künstler in die Kurzarbeitsregelung – analog zu den Angestellten – vor. Diese sollen vom Staat (je nach Einkommen bis zur Höchstbeitragsgrundlage) ebenfalls 80 Prozent ihrer Einkünfte ersetzt bekommen. Weiters fordert er eine Kompensation des bisherigen Eigendeckungsgrads von Institutionen, wie es etwa derzeit in der Schweiz der Fall sei. Hier nannte der SPÖ-Kultursprecher auf APA-Nachfrage nicht nur große Häuser wie die Albertina oder die Staatsoper, sondern auch Jazzclubs und Stadttheater. Als dritten Punkt sprach Drozda die derzeitig herrschende "Schlechterstellung" von Kulturveranstaltungen in räumlicher Hinsicht an und präsentierte die unterschiedliche Bestuhlungsvorgabe eines Lokals, das einmal als Restaurant, ein andermal als Kabarett genutzt werde. Hier sei es dringend notwendig, Entscheidungsträger vom Gesundheitsministerium bei Gesprächen einzubinden. Die unterschiedlichen Abstandsregeln seien "durch nichts erklärbar außer durch mangelndes Engagement der Kulturpolitik".

Mangel an klaren Richtlinien

Schellhorn kritisierte anschließend den Mangel an klaren Richtlinien "in Woche acht nach dem Shutdown" sowie die Abwicklung über den Härtefallfonds der Wirtschaftskammer, dem Künstler "ausgeliefert" seien, statt etwa über die Finanzämter. "Die Regierung verwechselt das mit einem Mensch-ärgere-dich-Nicht-Spiel, bei dem man immer zurück an den Start muss. Aber das ist kein Spiel, hier geht es um Existenzen!" Den derzeitigen "Stillstand" nannte er "ein Armutszeugnis, auch für eine grüne Regierungsbeteiligung".

"Die Wurzel des Problems liegt in der stiefmütterlichen Behandlung ohne Expertise im Vizekanzleramt bzw. Staatssekretariat", so der Neos-Kultursprecher. "Ich habe in den vergangenen Wochen wohl öfter mit Burgtheaterdirektor Martin Kusej telefoniert als die Staatssekretärin", sagte Schellhorn, der die nach wie vor herrschende Planungsunsicherheit, was etwa künftige Proben betrifft, anprangerte. Er wünscht sich hier "einen klaren Plan und eine klare Ansage" von der Staatssekretärin. "Hier braucht es den Mut, klar Ja oder Nein zu sagen. Das haben sich die Kulturschaffenden verdient." Es brauche klare Vorgaben, was ab 1. August, 1. September und 1. Oktober möglich sei.

Tenor Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Mitinitiator der Initiative Freier Bühnenschaffender, kritisierte anschließend "willkürliche Kulanzregelungen". "Die Lage in Österreich ist im Europavergleich durchaus ausbaufähig. Nur ein nationaler Kraftakt kann dieses Problem lösen." Es gelte dringend, prekär Beschäftigten einfache, unbürokratische Lösungen anzubieten, wie es derzeit etwa in Oberösterreich oder Bayern geschehe. Denn: "Eine Kulturnation besteht eben nicht nur aus Institutionen." Dabei gehe es nicht nur um Unterstützung, "sondern um eine Perspektive". Es sei nun nicht mehr die Zeit, "wochenlang Brainstorming zu machen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch!" Drozda nannte es abschließend "eine verdammte Verpflichtung der Republik, hier zu handeln". (APA, 5.5.2020)