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Belgrad pflegt ein gutes Verhältnis zu China.

Foto: AP Photo/Darko Vojinovic

Die Grenzen auf dem Balkan sind noch immer schwer zu passieren, und es gibt nach wie vor keine Flüge. Der jährliche Westbalkan-Gipfel, der heute eigentlich in Zagreb stattfinden sollte, wurde deshalb ins Internet verlegt. Die Europäische Kommission kündigt gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank an, über 3,3 Milliarden Euro an Hilfsgeldern für die Region bereitzustellen, um die ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Weitere Investitionspakete sind geplant.

Im Vorfeld des Treffens von Vertretern der sechs Nicht-EU-Staaten mit EU-Vertretern wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab es scharfe Kritik an Serbien. Denn in der Covid-19-Krise zeigte sich noch deutlicher, dass sich die politische Führung des Landes von demokratischen Standards verabschiedet hat und keinen liberalen Rechtsstaat anstrebt, dessen Schaffung notwendig wäre, um irgendwann der EU beitreten zu können. 21 EU-Abgeordnete schickten einen Brief an Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi, in dem sie "die extrem ernste" Situation in Serbien anprangerten.

Prochinesische Propaganda

Denn unter dem Regime von Präsident Aleksandar Vučić wurden unverhältnismäßige Maßnahmen eingeführt, dubiose Skype-Prozesse wurden gegen Leute geführt, die sich nicht an die Ausgangsbeschränkungen hielten, und die möglicherweise politisch motiviert waren. Drei Personen wurden deswegen zu zwei und zu drei Jahren Haft verurteilt. Die EU-Abgeordneten kritisierten auch die prochinesische Propaganda der Regierung in Belgrad und die Falschinformationen, die gegen die EU gerichtet sind. In den Pandemie-Zeiten zeigte sich auch noch stärker die antieuropäische und prorussische Haltung der politischen Führung des bosnischen Landesteils Republika Srpska. Immer stärker offenbart sich der geopolitische Graben, der durch den Balkan und mitten durch Bosnien-Herzegowina läuft. Der bosnische Landesteil Föderation, Kosovo, Albanien und Nordmazedonien sind prowestlich ausgerichtet – die Republika Srpska und Serbien entfernen sich hingegen von der EU.

Nordmazedonien ist am 27. März nun auch der Nato beigetreten. Die Regierung, die seit 2017 im Amt war, hat zahlreiche Reformen, vor allem für mehr Rechtsstaatlichkeit eingeführt. Nordmazedonien ist damit der einzige Staat auf dem Balkan, der glaubhaft Richtung EU geht.

Wenn nun im Herbst endlich die EU-Verhandlungen beginnen können und bei den Wahlen wieder die Reformkräfte gewählt werden sollten, könnte es rasch vorangehen. Problematisch ist aber, dass der neue Erweiterungskommissar Várhelyi ausgerechnet von jener Regierung entsandt wurde, nämlich der ungarischen, die das ehemalige korrupte und rechtspopulistische Regime in Skopje und dessen verurteilten Ex-Premier, Nikola Gruevski, unterstützte und ihm sogar dabei half, sich der Gefängnisstrafe zu entziehen und nach Budapest abzusetzen.

Kein Fortschritt

Das ist aber nur einer von vielen Gründen, weshalb die EU immer mehr an Glaubwürdigkeit auf dem Balkan verliert. Serbien und Montenegro verhandeln seit Jahren, aber es gibt praktisch keinen Fortschritt, im Gegenteil: Die Pressefreiheit wird weiter eingeschränkt, die Regierenden unterhöhlen staatliche Strukturen. (Adelheid Wölfl, 5.5.2020)