Oft ergehen Urteile, die recht eindeutig sind. Und dann gibt es solche, wie es das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag zu den Anleihenkäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) gefällt hat: Jeder kann sich was aussuchen.

Die Befürworter der billionenschweren Ankäufe können nun erneut darauf verweisen, dass die EZB keine verbotene Staatsfinanzierung betreibt. Hingegen dürfen sich die Kritiker über einen Rüffel für Berlin freuen, der gleichermaßen an die Bundesregierung und den Bundestag geht.

EU-Flagge vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt.
Foto: imago images/Ralph Peters

Sie haben nicht genau hingeschaut und die EZB einfach machen lassen – so lautet die Kritik. Und diese ist natürlich Wasser auf den Mühlen vieler Euroskeptiker, die sich sicher auch über die Kampfansage an den Europäischen Gerichtshof freuen.

Nun aber zwingt das Verfassungsgericht Regierung und Bundestag darauf zu achten, dass die EZB die Verhältnismäßigkeit bei ihren Programmen wahrt. Das ist eine gute Nachricht für die Demokratie – ganz grundsätzlich und erst recht in diesen schwierigen Zeiten.

Denn die verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden noch lange zu spüren sein, und die EZB hat ihre Anleihenkäufe noch einmal massiv ausgeweitet. Das heißt aber nicht, dass man auf eine politische Kontrolle verzichten könnte. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch der Deutsche Bundestag dürfen dies vergessen. (Birgit Baumann, 5.5.2020)