Eine Kamera mit unvorstellbar hoher Bildfrequenz.
Illustr.: Lihong Wang

Jeder von uns kennt das: Just in dem Moment, in dem der Fotograf den Auslöser drückt, blinzelt man, und das Bild zeigt einen mit geschlossenen Augen. Mit einer am California Institute of Technology (Caltech) konstruierten ultraschnellen Kamera kann so etwas nicht mehr passieren: In der Zeit, die man zum Blinzeln benötigt, kann die Kamera mehr als eine Billion (also 1.000 Milliarden) Bilder schießen – da dürften dann wohl ein paar dabei sein, auf denen man die Augen geöffnet hat.

Die neue Kamera, die im Labor von Lihong Wang, Professor für Medizintechnik und Elektrotechnik, entwickelt wurde, kann sogar bis zu 70 Billionen Bilder pro Sekunde aufnehmen. Das ist schnell genug, um Lichtwellen bei ihrer Fortbewegung und den Zerfall von Molekülen einzufangen.

Zerlegte Laserpulse

Die dahinter stehende Technologie, die Wang als "komprimierte ultraschnelle Spektralfotografie" (CUSP) bezeichnet und im Fachjournal "Nature Communications" vorgestellt hat, ähnelt in verschiedener Hinsicht früheren von ihm entwickelten schnellen Kameras, wie etwa seinem phasensensitiven Gerät für komprimierte ultraschnelle Fotografie (pCUP), das ebenfalls rund eine Billion Bilder pro Sekunde von transparenten Objekten schafft.

Bei dem CUSP-Verfahren werden ein Laser, der extrem kurze Lichtimpulse mit einer Dauer von nur einer Billiardstelsekunde (eine Femtosekunde) aussendet, mit einer Optik und einem speziellen Kameratyp kombiniert. Die Optik zerlegt die einzelnen Femtosekunden-Laserpulse in eine Abfolge von noch kürzeren Impulsen, wobei jeder dieser Impulse ein Bild in der Kamera erzeugen kann.

Für neue Wege in der Forschung

Für den Alltagsgebrauch ist ein solches Gerät natürlich nicht bestimmt. Laut Wang könnte die Technologie vielmehr neue Forschungswege in Bereichen wie der Grundlagenphysik, der Halbleiterminiaturisierung der nächsten Generation und den Biowissenschaften eröffnen. "Wir stellen uns Anwendungen in einer Vielzahl extrem schneller Phänomene vor, wie zum Beispiel ultrakurze Lichtausbreitung, Wellenausbreitung, Kernfusion, Photonentransport in Wolken und biologischen Geweben sowie fluoreszierender Zerfall von Biomolekülen", sagt Wang. (tberg, 9.5.2020)