Bei Amazon hinterlässt die Krise keine Bremsspuren – im Gegenteil.

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Noch wird heftig über die diversen Vorschläge zur Konjunkturbelebung beraten. Neben dem Vorziehen der Senkung der untersten Steuerstufe von 25 auf 20 Prozent schon im laufenden Jahr sind einige Maßnahmen zur Ankurbelung der Investitionen im Gespräch. Auch eine Sonderförderung für den Tourismus dürfte die Regierung mit im Gepäck haben.

Das Paket soll darüber hinaus eine echte Überraschung enthalten, wie in den Prozess involvierte Regierungskreise meinen: eine neue Steuer auf große Onlineplattformen. Klarerweise wäre der Hauptadressat der Initiative Amazon, möglicherweise würden aber auch Uber, Netflix oder Airbnb getroffen.

Regionale Wirtschaft stärken

Verkaufen ließe sich die Maßnahme wohl gut – und dahingehend haben sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auch schon geäußert: Es soll die regionale Wirtschaft gestärkt und die Steuervermeidung der großen Multis bestraft werden.

Corona hat die schon länger geführten Diskussionen möglicherweise entscheidend beschleunigt. Die Auseinanderentwicklung liegt auf der Hand: Während heimische Händler erst schließen mussten und seit der Lockerung mit Maskenpflicht, Abstandsregelung, Kundenzahlbeschränkung und Kaufzurückhaltung zu kämpfen haben, gehen die Amazon-Verkäufe durch die Decke.

Steuervermeidung

Ein zusätzliches Ärgernis für die Politik: Der von Jeff Bezos gegründete Konzern, der allen Börsenturbulenzen zum Trotz wieder deutlich mehr als eine Billion Euro wert ist, zahlt dank ausgeklügelter Konstruktion kaum Ertragssteuern.

Mit riesigen Lagern und Verteilzentren wächst Amazon rasant.
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Daher soll die Digitalsteuer nun ausgedehnt werden. Schon seit Jahresbeginn gibt es in Österreich und mehreren anderen EU-Ländern eine Minimalvariante, die auf die Besteuerung von Onlinewerbung abzielt. Da nur Konzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz betroffen sind, geht die fünfprozentige Abgabe eindeutig in Richtung Google und Facebook. Allerdings wälzen sie die Steuer auf die Werbewirtschaft über.

Eine Abgabe auf Plattformen war und ist in einem EU-Vorschlag enthalten, der aber nicht die notwendige Einstimmigkeit erhielt. Während Österreich auf Onlinewerbung fokussierte, besteuert Frankreich auch Plattformen wie Amazon, genauer gesagt: den Bereich Marketplace, auf dem unabhängige Händler und Hersteller ihre Waren feilbieten.

Frankreichs Rückzieher

Allerdings war das Unterfangen nicht allzu erfolgreich. Erst wälzte Amazon die dreiprozentige Abgabe auf die Verkäufer ab, dann torpedierte US-Präsident Donald Trump die Franzosen wegen des Vorstoßes und drohte mit Sanktionen auf Weineinfuhren. Paris diskriminiere mit der Digitalsteuer amerikanische Unternehmen, argumentierte Washington – von einem neuen Handelskrieg war die Rede. Der wurde zu Jahresbeginn vorerst abgewendet: Frankreich verzichtet bis Ende 2020 auf die Einhebung der Abgabe, bis dahin soll es eine neue Vereinbarung auf internationaler Ebene zur Besteuerung von Digitalumsätzen geben. Drohende Einwände der USA sind in Wien somit nur allzu gut bekannt.

Ob nun eine Ausweitung der Digitalsteuer in Österreich tatsächlich kommt, will das Finanzministerium derzeit nicht sagen. Man diskutiere und prüfe im Rahmen des Konjunkturpakets mehrere Vorschläge, heißt es. (Andreas Schnauder, 7.5.2020)