Gesellschaft und Wirtschaft stehen still, Unternehmen brechen die Umsätze weg, und die Börsen sind im Keller. Die Corona-Krise kennt viele Verlierer – aber auch manche, wenngleich rar gesäte Gewinner. Einige davon sind offensichtliche Profiteure der weltweiten Ausgangsbeschränkungen wie der Onlinehändler Amazon oder der Streamingdienst Netflix, deren Aktien zuletzt auf neue Rekordwerte stiegen. Die verstärkte Nutzung von Teleworking verlieh auch den Aktien von Anbietern von Videokonferenzen wie Zoom enormen Auftrieb.

Börsengang während Krise

Das US-Unternehmen berichtete Ende April von täglich 300.000 Konferenzteilnehmern und wurde damit zum Aufsteiger der Corona-Krise, zumal die Firma zuvor Einschränkungen für Privatkunden aufgehoben hatte. Bemerkenswert ist auch, dass sich mit der norwegischen Pexip ein Mitbewerber mitten in der Krise an den Aktienmarkt wagen will – also einer Zeit, in der Unternehmen sonst einen Börsengang scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Damit will die Firma, zu deren Kunden laut eigenen Angaben das US-Militär und die deutsche Regierung zählen, umgerechnet 190 Millionen Euro einnehmen,

Zoom wurde mit Videokonferenzen zum Shootingstar der Krise.
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Nicht nur Internetfirmen lassen die Muskeln spielen, auch der herkömmliche US-Handelsriese Wal-Mart befindet sich im Aufwind. Dennoch kurios: Wal-Mart erzielte zuletzt mit 520 Milliarden Dollar fast doppelt so viel Jahresumsatz wie Amazon, ist aber an der Börse mit 350 Milliarden Dollar nur ein Drittel des Onlineriesen wert. Gut gehalten haben sich zum Teil auch Nahrungsmittelerzeuger – vor allem, wenn sie ohnedies im Trend liegen wie Beyond Meat. Der Hersteller von Fleischersatz profitierte auch von Lieferproblemen der US-Fleischindustrie während der Corona-Krise.

Vergebliche Suche

Gewinner sucht man an der Wiener Börse vergeblich, im Topsegment Prime Market gibt es höchstens Aktien, die sich seit Ende Februar mit geringen Verlusten immer noch relativ gut aus der Affäre gezogen haben. Dazu zählt etwa die Post, schließlich wollen online bestellte Waren auch zum Kunden, was das rückläufige Paketvolumen im Geschäftsbereich kompensiert. Der hauseigene Marktplatz Shöpping.at profitiert vom Onlineboom und erzielt eine Vervielfachung der Umsätze – allerdings ausgehend von recht bescheidenem Niveau. Sonst kam in Wien der Faltschachtelerzeuger Mayr-Melnhof glimpflich durch die Krise, ebenso der Gummikonzern Semperit.

Dort ist man vom geplanten Verkauf des Medizingeschäfts – in Niederösterreich und Malaysia werden Medizinhandschuhe erzeugt – wieder abgekommen und will wegen der Corona-Krise andere Prioritäten setzen. Verglichen mit anderen ist die Semperit-Aktie aber bestenfalls ein Trostpflaster. Den großen Reibach machten etwa die Anteilseigner von Gilead Sciences: Das Medikament Remdesivir, eigentlich für andere Virenerkrankungen wie Ebola entwickelt, erzielt offenbar bei Covid-19-Patienten Erfolge und soll bis 2022 global ausgerollt werden. (Alexander Hahn, 7.5.2020)