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Ein Foto wie dieses, dass einen als "Pu der Bär" verkleideten Demonstranten zeigt, würde auf Wechat wohl nicht lange überleben.

Foto: Reuters / Tyrone Siu

Ohne Wechat geht in China so gut wie gar nichts. Wer die Social-Media-App nicht auf seinem Smartphone hat, ist vom öffentlichen Leben quasi ausgeschlossen. Wechat erfüllt in etwa die Funktionen von Whatsapp, Facebook, Instagram und Twitter in einem. Hinzu kommt: In den vergangenen Jahren ist Bargeld aus dem chinesischen Alltag so gut wie verschwunden: Miete, Taxientgelt, den Wocheneinkauf – alles wird mit dieser App erledigt. Es sollen schon Bettler gesehen worden sein, die Almosen nur per Wechatpay akzeptieren. Mit der App kriegt man aber auch kostenlos die Zensurbehörde der KP auf das Handy mitgeliefert.

Dass die chinesischen Zensoren fleißig mitlesen und Inhalte löschen, ist nicht neu. So existiert zum Beispiel die Comicfigur "Pu der Bär" nicht. Nachdem 2015 einige Internet-User eine verblüffende Ähnlichkeit des dicklichen Bären mit Staatspräsident Xi Jinping festgestellt hatten, wurde Pu in China zum Meme. Respektlos, prinzipiell staatsgefährdend, dachten sich Chinas Zensoren wohl. Seitdem wird Pu konsequent aus dem chinesischen Internet gelöscht.

Pu, Liu und Falun Gong gehen gar nicht

Nun aber hat Citizen Lab, ein Forschungszentrum der Universität Toronto, herausgearbeitet, wie massiv die Behörden auch die Inhalte von Wechat-Usern außerhalb Chinas zensieren. Bisher war vermutet worden, dass User, die nicht mit einer chinesischen Nummer bei Wechat registriert sind, davon ausgenommen sind.

Citizen Lab testete dies mit verschiedenen Inhalten, die in China als politisch sensibel gelten: zum Beispiel mit einem Cartoon, das den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo in Sträflingskleidung über einem brennenden China zeigt, oder mit den Schriftzeichen für die in China verbotene Sekte Falun Gong. Die Bilder wurden einmal in Chats von Usern außerhalb China zu chinesischen Usern gesendet, ein anderes Mal gingen die Inhalte nur zwischen Usern hin und her, deren Accounts außerhalb Chinas registriert waren.

In Echtzeit gelöscht

In beiden Fällen verschwanden die sensiblen Inhalte – zum Teil sogar in Echtzeit. User außerhalb China werden "getäuscht, in dem man sie glauben macht, es gelte das 'Eine App, zwei Systeme'-Prinzip", sagte Ron Deibert, der Direktor von Citizen Lab, dem "Wallstreet Journal", "als sei man immun gegen Chinas Informationskontrolle".

Hinter der App Wechat steckt das Unternehmen Tencent mit Sitz in Shenzhen. Tencent ist mit Alibaba einer der größten chinesischen Tech-Konzerne. Kritik war Ende vergangenen Jahres auch an der Videoplattform Tiktok laut geworden: Auch hier waren Inhalte außerhalb Chinas gelöscht worden. Das chinesische Unternehmen Bytedance, das hinter Tiktok steckt, hatte das stets abgestritten. (Philipp Mattheis, 8.5.2020)