Alexander Antonitsch: "Die Spieler sind Einzelunternehmer, ihr Einkommen ist weggebrochen. Jenseits der Top 100 gibt es kaum Sponsorverträge, man ist auf Preisgelder angewiesen."

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Wien – In der Corona-Krise macht sich Dominic Thiem nicht nur Freunde. Einer Initiative von Novak Djokovic zur Unterstützung zweitklassiger Tennisprofis kann der Österreicher nichts abgewinnen. "Da sind Spieler dabei, die ich nicht gerne unterstützen würde. Ich möchte mir die Spieler aussuchen, dann profitieren jene, die es verdienen", sagt der 26-jährige Weltranglisten-Dritte. Für die einen klingt das asozial, für die anderen abgehoben, für den ehemaligen Tennisprofi Alexander Antonitsch ist es nachvollziehbar.

"Jeder kann über sein Geld frei verfügen", sagt Antonitsch, "Dominic macht einiges. Er förderte schon vor Corona einen der besten Nachwuchsspieler Österreichs, das wissen die wenigsten, darüber redet keiner." Das angesprochene Talent heißt Marko Andrejic, ist 17 Jahre alt und steht auf Rang 144 der Junioren-Weltrangliste. Der Teenager wird von Thiem finanziell unterstützt und von dessen Vater Wolfgang trainiert. Nun bekommt Andrejic bei den Generali Austrian Pro Series die Chance, sich mit den Besten des Landes zu messen.

16 Herren und acht Damen um 151.750 Euro

16 Herren und acht Damen spielen ab 25. Mai in der Südstadt um ein Preisgeld von 151.750 Euro. Der Modus erfordert Lesekompetenz: Bei den Herren gibt es zunächst vier Gruppen mit je vier Spielern. Die besten zwölf steigen auf und setzen das Turnier in vier Dreiergruppen fort. Dabei qualifizieren sich die acht besten Spieler für das Finalturnier, bei dem nach Vorbild der ATP Finals nach einer Gruppenphase und dem Semifinale die Entscheidung im Endspiel fällt. Die Damen spielen ihre Siegerin wiederum in zwei Gruppenphasen aus.

Größter Herausforderer von Thiem ist Dennis Novak, in der Weltrangliste auf Position 85. Auch mit von der Partie: Sebastian Ofner, Jurij Rodionov und der 38-jährige Jürgen Melzer. Andrejic wurde wie der ebenso vielversprechende und 17 Jahre alte Lukas Neumayer mit einer Wildcard ausgestattet. Bei den Damen gilt die Weltranglisten-137. Barbara Haas als Topfavoritin. Die Oberösterreicherin bekommt es unter anderem mit Tamira Paszek und Mira Antonitsch zu tun.

Junge Athleten vor der Sinnfrage

Die seit März auf Entzug gesetzten Fans können die Matches über laola1.tv und tennisnet.com verfolgen. Die Rechte an den Übertragungen der Partien von Thiem hat sich Servus TV gesichert. Zuseher sind in der Südstadt nicht zugelassen, auch Linienrichter und Ballkinder fehlen. Die Profis müssen die Bälle selber aufklauben. "Man kann auch ohne Handtuchmanager Tennis spielen", sagt Alexander Antonitsch, der das Turnier mitorganisiert. "Wichtig ist, dass die Spieler Matchpraxis sammeln, nur trainieren ist auf Dauer auch nicht lustig."

Für Thiem ist das Preisgeld in Maria Enzersdorf Nebensache, für alle anderen Teilnehmer bietet das Turnier die Möglichkeit, sich finanziell über Wasser zu halten. "Die Spieler sind Einzelunternehmer, ihr Einkommen ist weggebrochen. Jenseits der Top 100 gibt es kaum Sponsorverträge, man ist auf Preisgelder angewiesen." Junge Athleten stünden vor der Sinnfrage. "Sie trainieren, wissen aber nicht, wann es weitergeht. Es fehlt die Perspektive." Neben Tochter Mira verfolgt auch Sohn Sam Antonitsch eine Profikarriere, er spielt in Dornbirn Eishockey.

Neue Vorstellungskraft

Am 24. Mai wäre Thiem auf den Titel bei den French Open losgegangen. Das Sandplatzturnier soll nun vom 27. September bis 10. Oktober steigen. Zunächst hatte Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu einer Austragung ohne Zuschauer eine Absage erteilt. Mittlerweile schließen die Organisatoren Geisterspiele nicht mehr aus. "Vor ein paar Wochen hätte man sich das nicht vorstellen können", sagt Antonitsch. "Aber mittlerweile muss man alles andenken. Wir können nicht warten, bis alles so ist wie vorher."

Alles andenken muss Antonitsch auch als Turnierdirektor von Kitzbühel. "Es ist nicht unsere bevorzugte Variante, ohne Publikum zu spielen. Aber was ist die Alternative?" Die Generali Open sollen am 27. Juli beginnen. Eine Verschiebung des Termins um bis zu sechs Wochen ist möglich. Ab 15. Mai weiß man mehr, dann sollte die ATP Details zu ihrer Zukunftsplanung kommunizieren. Aber wäre ein Turnier ohne Fans wirtschaftlich überhaupt tragbar? "Das wäre keine Erfolgsstory. Aber Jammern bringt auch nichts. Die Frage ist: Wie kommen wir mit einem blauen Auge davon?" (Philip Bauer, 11.5.2020)