Diese Woche (Sonntag, 20.15 Uhr, ORF 2, ARD) steht ein neuer "Tatort" aus Kiel auf dem Programm: Während eines Workshops, den Kommissar Borowski (Axel Milberg) und seine Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) an einer Polizeischule abhalten, kommt es zu einem folgenschwerdren Zwischenfall: Völlig unvorhersehbar sticht während einer praktischen Übung die Polizeischülerin Nasrin Erkmen auf ihren Mitschüler und flüchtigen Bekannten Sandro ein. Sandro stirbt an einen Verletzungen. Der Fall sorgt für öffentliche Empörung. Fragen nach den Gründen ihres Tuns prallen an Nasrin ab – sie kann sich an nichts erinnern.

Im Zuge ihrer Nachforschungen stoßen der stets besorgt wirkende Borowski und seine Kollegin in Abgründe menschlicher Verwerfungen. Als Fanal entpuppt sich der – in dem Fernsehregiedebüt Hüseyin Tabaks zu Beginn gezeigte – Suizid einer jungen Frau, Jule; sie hat eine weiße Möwe zur Freundin, was diesem 'Tatort' seinen Namen gib", schreibt Irene Brickner im TV-Tagebuch des STANDARD. "Aber auch die anderen in diesen Fall verwickelten Personen dümpeln in Verzweiflung und Resignation. Das kann man als positive Kompromisslosigkeit des Regisseurs und der Drehbuchautoren Eva und Volker A. Zahn interpretieren. Aber man kann auch schlicht feststellen: Dieser Krimi zieht einen ziemlich runter."

Foto: ARD, ORF

"Dieser 'Tatort' ist ambitioniert angelegt. Er versucht, dem Publikum den absoluten Adrenalinkick zu verschaffen – um es dann in ein kompliziertes Geflecht aus tragischen Abhängigkeiten und verdrängter Schuld zu ziehen. Grelle Oberflächenreize und subtile Psychologie sollen hier zusammengehen. Das funktioniert aber leider nur begrenzt, einige Szenen wirken konstruiert", urteilt Christian Buß im "Spiegel".

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"Der Anfang lebt von Überraschungen, Tempo und gut gesetzten Kontrasten. Danach werden nur noch Kollegen-Kriege, hysterische Verhör-Situationen und innere Konflikte zu Handlungstreibern", schreibt Marion Löhndorf in der "Neuer Zürcher Zeitung". "Da ist viel Geschrei und viel Verzweiflung – eine Mechanik, die hier nicht funktioniert. Bei allen, Tätern, Opfern und Ermittlern, liegen die Nerven blank. Der Gefühlspathos schraubt sich derart hoch, dass kaum noch eine Steigerung möglich ist. Am Ende liegen auch beim Zuschauer die Nerven blank."

Wie hat Ihnen dieser "Tatort" gefallen, hier unten ist Platz für Ihr Urteil. (red, 10.5.2020)

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