Foto: imago images/Westend61

Im Homeoffice sitzen statt wie früher im Büro – das ist einer der großen Trends, die nach der Pandemie wohl bleiben werden. Als Verstärker häufen sich derzeit auch die Umfragen, laut denen die Heimwerker angeblich in ihren vier Wänden viel glücklicher sind beim Arbeiten als im Büro. Was für ein schöner Zufall. Firmen haben Produktivitätsgewinne. Plus Arbeitgeber sparen eine Menge Geld: Mietkosten, Reinigungskosten, allerlei Material, um die Belegschaft bei Laune zu halten, vom Kaffee bis zum Obstkorb.

Alles nichts gegen die vermeintlichen Freuden und in der Corona-Pandemie unverhofft plötzlich gewährten Vergnügungen des Homeoffice, glaubt man der neuen Erzählung. Was da gerade als pure Wohltat gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Welt gesetzt wird, muss genauer angesehen werden.

Einiges mag schon stimmen. Außerdem wird natürlich das Klima durch weniger Mobilitätsbelastung geschont. Weniger Abgase. Aber das ist hier gerade nicht das Thema.

Hier geht es um die stille Umverteilung der Infrastrukturkosten der Arbeit auf die Arbeitenden und somit um kalte Reduktion der Entlohnung. Genau das wird im Narrativ zum New Normal völlig ausgeklammert: De facto entwertet Homeoffice Arbeit. Und zwar für die Arbeitenden. Von zwei Seiten: Sie zahlen die Miete der Wohnung, die nun das Büro ist. Sie zahlen Infrastrukturkosten, Strom, ein besseres Netz. Und auch die Benefits (bleiben wir nur beim Kaffee), die eigentlich Teil der Entlohnung sind.

Zudem wissen alle, die Kinder haben, dass sich stressige Jobangelegenheiten zu Hause meist nur erledigen lassen, wenn die Kids schlafen, fernsehen oder ein paar Stunden nicht da sind. Für viele heißt das derzeit: vor Sonnenaufgang und nachts. Damit ist alles entgrenzt, was einmal getrennt Job und Privates war. Viele Stunden mehr rinnen in den Job. Ein heißes Thema für die Belegschaftsvertretung und eines der ersten Verhandlungsthemen. Sollte sich herausstellen, dass Unternehmen diese Kostenverlagerungen bewerten und abgelten, dann ist es ja in Ordnung. Aber auch dort, wo es solche Vereinbarungen schon gibt, sind sie zu überprüfen. Ist es nicht eventuell erschwerend, in der Privatwohnung den ganzen Job zu erledigen, wenn nicht gerade Zimmerfluchten von 150 Quadratmetern plus zur Verfügung stehen, in denen jeder sein eigenes, lichtdurchflutetes Arbeitszimmer hat? (Karin Bauer, 11.5.2020)