Tirols Landeshauptmann Günther Platter gerät immer stärker Druck: Jetzt fordert die Opposition den Rücktritt seines Landesrats Bernhard Tilg (beide ÖVP).

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Innsbruck – Die Tiroler Oppositionsparteien FPÖ, Neos und Liste Fritz wollen den Rückzug von ÖVP-Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg wegen des Corona-Krisenmanagements: Am Montag haben sie einen Misstrauensantrag vorgestellt. Er soll noch diese Woche im Landtag als Dringlichkeitsantrag eingebracht werden. Eine Einigung hinsichtlich der Expertenkommission zwischen den Landtagsparteien schien unwahrscheinlich.

Die Situation rund um das Coronavirus in Tirol habe das Fass, das bereits seit einem Jahr voll sei, nun zum "Überlaufen gebracht", sagte Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider bei einer gemeinsamen Videopressekonferenz. Bereits die im Jahr 2019 angekündigte Spitalsreform und der "Gehaltsmurks" beim Pflegepersonal im selben Jahr hätten die Schwächen des Landesrats aufgezeigt. Er kommuniziere mit "niemandem", sei ein "Technokrat" und "versteckt sich hinter Arbeitsgruppen", urteilte Haselwanter-Schneider. Mit dem Misstrauensantrag wolle man nun einen "völlig überforderten Landesrat von seinen Aufgaben befreien", sagte sie und sprach auch ein Interview Tilgs in der "ZiB 2" an, in dem er "elf Mal" beteuerte, dass die Behörden alles richtig gemacht hätten.

Auch FPÖ-Klubobmann Markus Abwerzger kritisierte Tilg scharf und sprach in der Causa Ischgl von einer "Chronologie des Schreckens, der politischen Untätigkeit, des Zudeckens und Vertuschens". Tilg müsse als "Chef der Tiroler Gesundheitsbehörden" seinen Sessel räumen. Der Misstrauensantrag sei jetzt notwendig, da "Gefahr in Verzug" sei. Es gebe Vermutungen, wonach Tilg als Rektor der Tiroler Privatuni Umit Tirol eingesetzt werde, da im Herbst die Rektorenstelle vakant wird. Im Übrigen zeigte er sich überzeugt, dass in jedem anderen europäischen Land und auch in jedem anderen Bundesland ein Rücktritt längst erfolgt wäre.

Neos von Platter enttäuscht

Auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) ließ die Opposition nicht unverschont. Falls sich herausstellen sollte, dass Platter über alle Vorgänge informiert war, müsse auch seine Verantwortung geklärt werden, kündigte Abwerzger an. Neos-Chef Dominik Oberhofer sagte, er sei von Platter "persönlich zutiefst enttäuscht" und bezeichnete ihn als "untätig" und "feige".

Dass der Misstrauensantrag erfolgreich sein wird, gilt als unwahrscheinlich. Für die tatsächliche Abberufung Tilgs als Landesrat wäre eine Mehrheit nötig, die allerdings nicht in Sicht ist, weil die schwarz-grüne Koalition im Tiroler Landtag über eine Mehrheit verfügt. Auch SPÖ-Chef Georg Dornauer hatte wiederholt Tilgs Rücktritt gefordert. FPÖ, Neos und Liste Fritz hofften nun, dass auch die SPÖ dem Antrag zustimmen wird. Dornauer teilte mit, dass die SPÖ den Misstrauensantrag "auf seine formelle Richtigkeit hin" prüfen und dann "in aller Ruhe" die weitere Vorgangsweise besprechen wolle. Die Rücktrittsaufforderung blieb indes aufrecht.

Gespaltene Opposition

Doch zwischen der SPÖ und den übrigen Oppositionsparteien herrschte bis zuletzt Uneinigkeit hinsichtlich der Einsetzung der Expertenkommission zur Aufarbeitung des Krisenmanagements in der Corona-Krise in Tirol. Am Montag verkündeten die Grünen erwartungsgemäß unter Bedingungen ihre Zustimmung zum Vorschlag von SPÖ und Koalitionspartner ÖVP, den Krisenmanager Bruno Hersche und den pensionierten Richter Josef Geisler mit der Zusammensetzung zu beauftragen.

"Drei Grundbedingungen sind von den Vorsitzenden zu erfüllen: Erstens muss die Kommission international und unabhängig besetzt werden. Zweitens müssen die Mitglieder integer und fachkundig sein. Und drittens muss die Kommission ausgewogen im Sinne der Parität sein", betonte Grünen-Klubobmann Gebi Mair. Diese Bedingungen würden Teil eines gemeinsamen Landtagsantrags sein, der bei der Sitzung am Mittwoch eingebracht wird.

Oberhofer sagte dazu, dass ÖVP und Grüne hier "wortbrüchig" geworden seien. Man habe sich bereits auf sieben Experten geeinigt, die auch von Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP) angerufen wurden und zugesagt hätten. Plötzlich habe dann die ÖVP mit der SPÖ gemeinsame Sache gemacht. Zudem empfand Oberhofer Geisler nicht als unabhängig, da er in Tirol "mehr als vernadert" sei. (APA, 11.5.2020)