Am Freitag sperren die Gasthäuser wieder auf.

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Am Freitag dürfen die Gasthäuser wieder aufsperren. Mindestabstand und Hygienevorschriften müssen sofort eingehalten werden, ab Juli purzeln die Steuern. So wird im zweiten Halbjahr die Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke auf zehn Prozent gesenkt, die Schaumweinsteuer wird abgeschafft. Geschäftsessen sollen zu 75 Prozent von der Steuer abgesetzt werden können anstatt wie bisher zu 50 Prozent. Die Pauschalierungsgrenze wird von 255.000 auf 400.000 Euro angehoben. Eine halbe Milliarde aus dem 38 Milliarden schweren Corona-Rettungspaket veranschlagt die Regierung für die heimische Gastronomie. Damit ist das Wirte-Paket um 100 Millionen höher dotiert, als es noch am Sonntag hieß.

Die Erleichterungen sollen nicht an Gäste weitergegeben werden, damit letztlich Wirte profitieren. Wenn die Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke sinkt, aber die Preise in den Speisekarten dieselben bleiben, erspart sich die Branche ganze 200 Millionen Euro, rechnet die Regierung vor.

Ob die Regierung jetzt auf Steuerentlastungen setze, weil sich Härtefallfonds und Hilfsfonds als zu langsam und bürokratisch erwiesen haben, wollte eine Journalistin bei der Präsentation des Wirte-Pakets von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wissen. Dieser erwiderte: "Entlastungen bringen nichts, wenn Betriebe mangels Liquidität zusperren müssen."

Wirtschaftskammer freut sich

Bei der Wirtschaftskammer (WKO) frohlockt man jedenfalls. Mario Pulker, Obmann der niederösterreichischen WKO-Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, ortete im Maßnahmenpaket langjährige Forderungen der Kammer. Vor allem die Pauschalierungsgrenze sei ein Erfolg. Denn die bleibt. Damit würden sich viele Unternehmen den Steuerberater sparen und die Gewinne erhöhen, so Pulker.

Aber es gibt auch kritische Stimmen. Thomas Altendorfer, der neben dem Restaurant Herberstein in Linz auch zahlreiche weitere Betriebe in Österreich führt, bezeichnet das Wirte-Paket als "Tropfen auf den heißen Stein". Es sei erfreulich, dass die Regierung eine halbe Milliarde für die Branche vorsieht, gerade die Senkung der Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke komme aber den Betrieben zugute, die die Unterstützung am wenigsten Brauchen – zum Beispiel Fastfoodketten, die fast ausschließlich nicht alkoholische Getränke verkaufen. Herkömmliche Gasthäuser würden ihren Umsatz eher mit Bier und anderen alkoholischen Getränken machen.

"Nette Idee"

Sachbuchautor und Ex-Gastronom Stefan Gergely sieht in der Senkung der Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke eine nette Idee. Aber der Löwenanteil würde auf Leitungswasser entfallen. Gergelys Bedenken, dass eine Senkung der Steuer für die Gastronomie aber nicht für den Handel gleichheitswidrig sei, widerspricht das Finanzministerium. Nach dessen Ansicht ist eine unterschiedliche Bemessung möglich, heißt es auf Anfrage.

Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht im Wirte-Paket viele Bausteine, die darauf abzielen, dass den Unternehmen mehr Geld bleibt. Das könnte man aber auch anders erreichen, gibt er zu bedenken. Zum Beispiel mit Fixkostenzuschüssen, die rasch ausgezahlt werden.

Auf zwei Punkte im Wirte-Paket müsse man achten, mahnt Fritz. Erstens: "Das Steuersystem wird immer komplexer, wenn man für einzelne Branchen neue Regelungen und Ausnahmen schafft." Wichtig sei deshalb, dass die Maßnahmen nur befristet gelten. Zweitens würden von einigen der steuerlichen Entlastungen nur jene Betriebe profitieren, die auch zeitnah wieder öffnen. "Für viele kleine Betriebe lohnt es sich nicht, unter strengen Hygienevorschriften aufzusperren", gibt Fritz zu bedenken. Diese Betriebe seien aber deshalb keine ungesunden Unternehmen, sondern vielleicht einfach schlicht zu klein. Dass diese auch durch die Krise tauchen können, würden Fixkostenzuschüsse sichern. (Aloysius Widmann, 12.5.2020)