Telearbeit und -konferenzen brachten die Leitungen von A1 Telekom Austria zum Glühen und einen Boom an Daten- und Streamingdiensten. Trotzdem sind Mitarbeiter unterausgelastet, weil Kunden nur vereinzelt A1-Shops frequentierten.

Foto: APA / Harald Schneider

Wien – In Zeiten von Heimarbeit und Telefonkonferenzen läuft das Geschäft bei Österreichs Telekom-Marktführer Telekom Austria (TA) nach eigenen Angaben zufriedenstellend. Coronavirus-bedingt muss der teilstaatliche Konzern in den nächsten Monaten dennoch Umsatz- und Ertragseinbußen gewärtigen. Kurzarbeit wie beim Konkurrenten Magenta gibt es bei der Österreich-Tochter der TA nämlich nicht.

Der Grund: Es spießt sich mit der Personalvertretung. Es wurde mit der A1-Personalvertretung keine Einigung erzielt, heißt es in dem von America Móvil kontrollierten Konzern. Dem Vernehmen nach haben die A1-Belegschaftsvertreter rund um deren Zentralausschussvorsitzenden Werner Luksch die vom Arbeitsmarktservice (AMS) geförderte Arbeitszeitreduzierung abgelehnt, weil diese Regelung nicht auf alle A1-Beschäftigten anwendbar sei. Dies, obwohl die Unternehmensleitung unter A1-Chef Marcus Grausam sogar eine Corona-Prämie in Aussicht gestellt hatte, mit der die Gehaltsausfälle zumindest teilweise egalisiert worden wären, wie es in Unternehmenskreisen heißt.

Beamte in der Minderheit

Damit ist das eigentliche Problem umrissen: Die beamteten Telekom-Bediensteten können – wie alle Staatsdiener – nicht in Kurzarbeit geschickt werden, weil sie ihr Recht auf ungekürzte Bezüge verbrieft ist. Bleiben also nur die Vertragsbediensteten. Sie sind inzwischen längst die Mehrheit in der aus Festnetz und Mobilfunk fusionierten Österreich-Gesellschaft A1 Telekom Austria (nicht zu verwechseln mit der börsennotierten Telekom Austria, zu der auch sieben Auslandstöchter in Ost- und Südosteuropa gehören). Aktuell sind 42 Prozent der insgesamt 7.600 A1-Mitarbeiter Beamte, das sind rund 3.200 Vollzeitäquivalente.

Bedarf an der bis längstens 30. September staatlich geförderten Arbeitszeitreduzierung gibt es trotz des aktuellen Booms an Streaming- und Telekonferenzen: Mitarbeiter in Sales und Vertrieb können Pandemie-bedingt kaum ihren bisherigen Tätigkeiten nachgehen und Kunden anwerben und betreuen. Auch ist ein Teil der A1-Shops mangels Kundenfrequenz geschlossen. Selbst in der Technik gibt es Unterauslastung. Wohl glühen die Leitungen, aber der 5G-Ausbau wurde de facto gestoppt, weil die Frequenzauktion verschoben wurde. Aufgrund der Reisebeschränkungen entfallen zudem Millioneneinnahmen aus Roaming-Gebühren, die bei Touristen anfallen.

Beamte müssten mehr arbeiten

Dass die A1-Beamten mehr arbeiten müssten, wenn die Angestellten bei 80 Prozent Gehalt auf 50 oder zehn Prozent Arbeitszeit gesetzt worden wären, wäre eine logische Folge und wird in TA-Aufsichtsratskreisen als eigentlicher Grund für die Ablehnung seitens des Betriebsrats vermutet.

Das bestreitet A1-Betriebsratschef Luksch vehement. Kurzarbeit sei in der fordernden aktuellen Situation nicht notwendig. Die Eigentümer sollten lieber die Dividende aussetzen. Letzteres ist freilich noch offen. Die Hauptversammlung wurde auf Herbst verschoben, über die Dividende soll unter Leitung der Staatsholding Öbag in einer außertourlichen Aufsichtsratssitzung beraten werden.

Bis zu hundert Minusstunden

Streit bei A1 ist somit programmiert, denn die A1-Geschäftsführung wird die über die Kurzarbeitsbeihilfe entgangenen Millionen wohl an anderer Stelle einsparen wollen. Kurzarbeit sei nur eine von vielen Maßnahmen, sagt TA-Sprecher Michael Höfler. Alternativ gebe es freiwilligen Urlaubsabbau, Umschichtungen der Arbeit etc.

Für die Vertragsbediensteten sind die Auswirkungen bereits spürbar: Sie werden teils als Springer eingesetzt, müssen also an wechselnden Standorten Dienst tun. Andere A1-Mitarbeiter berichten von bis zu hundert Minusstunden (das sind je nach Wochenarbeitszeit bis zu zweieinhalb Monate), die sie aufgrund von Unterauslastung anhäufen dürften. Heißt auf gut deutsch: A1-Angestellte müssen jetzt nicht geleistete Arbeitszeit später, wenn das Geschäft wieder besser läuft, nachholen, diesfalls ohne Überstundenzuschläge.

Zehn Jahre Vorruhestand

Die Öffentlichkeit erregt derweil ein pikanter Fall aus dem Bereich A1-Sozialplan. Es geht um eine langjährige Personalvertreterin, die auch in der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) hohe Funktionen innehatte (zuletzt im Multimediabereich). Silvia B., frühere GPF-Vizevorsitzende und Mitglied des Aufsichtsrats der Telekom-Austria-Holding, erhält vom Unternehmen bis Februar 2030 ein Monatsentgelt von rund 3.600 Euro – ohne dafür Arbeitsleistung zu erbringen. Einzig den jährlichen Urlaub muss die langjährige Vertragsbedienstete, die zum engeren Kreis des früheren Telekom-Konzernbetriebsratschefs gehört, konsumieren, berichtet "Profil". Das sei alles legal wie alljährlich hunderte Fälle im Rahmen der geltenden Vorruhestandsmodelle im Telekom-Sozialplan, sagt Belegschaftsvertreter Luksch. Die Banken hätten das nicht anders gemacht.

Wie das kam? Auf einem schlechten Listenplatz in der Wiener Personalvertretung gereiht, verpasste B. nach dramatischen Verlusten bei der Personalvertretungswahl 2019 ein Mandat. Da aufgrund ihrer langjährigen Betriebsratstätigkeit keine Verwendung im operativen Geschäft mehr gefunden wurde, entschied die A1-Führung, den laufenden Sozialplan anzuwenden. Das Ergebnis: Die frühere Personalvertreterin bleibt bis zu ihrer Pensionierung 2030 formal bei A1 beschäftigt, allerdings dauerhaft dienstfrei gestellt. Darüber hinaus erhielt B. eine freiwillige Abfertigung in Höhe von 24 Monatsentgelten, die verteilt mit dem laufenden Entgelt ausbezahlt wird – aus steuerlichen Gründen, wie es in Belegschaftskreisen heißt. (Luise Ungerboeck, 12.5.2020)