Die Praterstraße (vormals: Jägerzeile) in Wien führt von der Innenstadt zum, erraten, Prater, eigentlich zum Praterstern. Sie diente auch feierlichen Einzügen. 1814 holte dort Kaiser Franz I. den russischen Zaren und den preußischen König zum Wiener Kongress ein. Ein Foto von 1938 zeigt einen Triumphzug Hitlers.

"Pop-up-Radweg" auf der Praterstraße in Wien.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Heute ist die Praterstraße Kampfzone zwischen Autofahrern und den Grünen. Die haben den Radfahrern stadtauswärts einfach eine – coronabedingt wenig ausgelastete – Fahrbahn dazugegeben, einen "Pop-up-Radweg". Der alte Radweg, eine beliebte Route für Freizeitradler Richtung Prater Hauptallee und Donauinsel, ist ein bisserl gar schmal und nicht ungefährlich. Aber es gibt offenbar eine Autofahrer-Guerilla, denn jemand streute Reißnägel auf die neugewonnene Verkehrsfläche.

Selbst absolute Autostädte wie Paris oder London investieren massiv in eine Radwegstruktur. Das rot-grüne Wien macht es mehr zizerlweise. Aber Corona könnte dem Radfahren in der Stadt einen neuen Schub gegeben haben – zur Vermeidung des Gedränges in den Öffis und fast als einzige Möglichkeit für Sport.

Dazu gibt es noch einen soziologischen Trend: Für junge Leute der Mittelschicht haben der Führerschein und das erste Auto immer seltener Priorität. Corona ist hoffentlich eine Ausnahmesituation. Aber man hat gesehen, dass die Stadt mit weniger Autos und mehr Möglichkeiten für Räder nicht schlecht fährt. (Hans Rauscher, 11.5.2020)