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Immer noch ist die Lage auf Bukarests Straßen angespannt.

Foto: AP/Andreea Alexandru

Allein von Sonntag auf Montag gab es 231 Neuinfizierte in Rumänien. Die meisten von ihnen leben in der nordöstlich gelegenen Stadt Suceava. Und noch immer verbreitet die Krankheit viel Angst. Ein 76-jähriger Mann, der positiv auf Covid-19 getestet wurde, hat sich in der Toilette eines Krankenhauses erhängt. Neue Pandemie-Ausbrüche wurden in einem Behindertenheim und in einem Altersheim gemeldet.

Es ist ein fortwährendes Zickzack. Die Kurve der Ansteckungen mit Covid-19 flacht zwar insgesamt ab, aber die Fallzahlen sind noch immer hoch. Rumänien ist vor allem in einer schwierigen Situation, weil zehntausende Bürger aus Italien und Spanien mit dem Virus im Gepäck in das osteuropäische Land zurückkehrten und damit das Risiko der Verbreitung viel größer war als in Mitteleuropa.

Restaurants bleiben geschlossen

Der Ausnahmezustand wird ab dem 15. Mai nun trotzdem in einen "Gefährdungszustand" übergehen. Weiterhin werden aber Regelungen gelten, die eigentlich nur im Ausnahmezustand möglich sind, etwa dass Shoppingmalls und Restaurants geschlossen bleiben und alle Bürger in öffentlichen Verkehrsmitteln Masken tragen müssen. Verboten bleiben auch Konzerte, Prozessionen und Massenansammlungen bei Sport- oder Kulturveranstaltungen.

Mittlerweile wurden in Rumänien 300.000 Menschen bestraft, weil sie die Pandemie-Regelungen gebrochen haben. Der Staat hat dadurch 120 Millionen Euro eingenommen. Das Geld soll für das Gesundheitssystem verwendet werden. Die Wirtschaft, insbesondere der Bausektor, ist durch die Einschränkungen schwer getroffen. Deshalb wird nun der Staat Kredite in der Höhe von vier Milliarden Euro aufnehmen. Für Klein- und Mittelbetriebe will man ein Anreizpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft in der Höhe von einer Milliarde Euro, die aus dem EU-Budget bezahlt werden, zur Verfügung stellen.

Regierungspartei verliert an Zustimmung

Indes verliert die konservative Regierungspartei PNL an Zustimmung. Die PNL liegt nun in Umfragen bei 33 Prozent, vor vier Monaten erlangte sie noch 48 Prozent. Dieser Umstand verändert auch die Haltung zu Neuwahlen in den Parteizentralen. Die Pandemie traf das Land zu einem Zeitpunkt, als der politische Kampf zwischen den Konservativen, die die Regierung stellen, und den Sozialdemokraten (PSD), die die stärkste Partei im Parlament sind, auf einen Höhepunkt zusteuerte. Die konservative PNL unter Regierungschef Ludovic Orban wollte unbedingt rasch vorgezogene Neuwahlen. Diese sind jetzt so schnell nicht machbar. Der Machtkampf zwischen den beiden Lagern geht aber weiter.

Ein Schlag für die Sozialdemokraten war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht, der urteilte, dass die ehemalige Chefin der Antikorruptionsbehörde DNA, Laura Codruta Kövesi, zu Unrecht im Jahr 2018 von ihrem Posten entfernt worden war, als die Sozialdemokraten eine Kampagne gegen sie gestartet hatten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte argumentierte, dass Kövesi ein angemessenes Verfahren verweigert worden und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gewährleistet gewesen sei. Kövesi führt mittlerweile die neu gegründete Europäische Staatsanwaltschaft.

Gesetz zur Autonomie für das Szeklerland

Der rumänische Präsident Klaus Iohannis, der der regierenden PNL nahesteht, versucht selbst während der Pandemie nicht überparteiisch zu agieren, sondern stellt sich wie üblich auf eine Seite. Kürzlich meinte er, dass die Sozialdemokraten hinter den Kulissen dafür kämpfen würden, "Siebenbürgen an die Ungarn zu übergeben".

Bei der Kontroverse ging es um einen Gesetzesvorschlag, der in der Abgeordnetenkammer still angenommen worden war und der eine Autonomie für das in Siebenbürgen gelegene Szeklerland vorsah, in dem Ungarisch sprechende Bürger die Mehrheit bilden. Das Gesetz hat allerdings gar keine Chance, wirklich in Kraft zu treten, weil es dafür eine Verfassungsänderung bräuchte. Die Aussagen von Iohannis werden daher eher als parteipolitisch motiviert gesehen. Manche kritisieren, dass der Staatschef mit der "nationalen" Karte gegen Minderheiten zu punkten versuche.

Ungarn in Rumänien als Wahlkampfthema

"Während ich, die Regierung und die anderen Behörden um das Leben der Rumänen kämpfen und diese Pandemie loswerden wollen, kämpft die PSD hinter den Kulissen des Parlaments, um den Ungarn Siebenbürgen zu geben", sagte Iohannis und fügte dann in ungarischer Sprache hinzu: "Guten Tag, PSD." Er unterstellte dem Chef der Sozialdemokraten, Marcel Ciolacu, dass dieser einen geheimen Deal mit dem ungarische Premier Viktor Orbán abgeschlossen habe, was Ciolacu allerdings zurückwies.

Ciolacu hat mittlerweile vor laufenden Kameras einen Schwächeanfall erlitten, er ist innerhalb der eigenen Reihen schwer unter Druck. Der ungarische Premier Orbán goss ein paar Tage später Öl ins Feuer und hat auf Facebook eine Landkarte von Ungarn zur Zeiten der Monarchie gepostet, als Siebenbürgen und Kroatien noch zu Ungarn gehörten, was in den beiden Nachbarländern für Kritik sorgte.

Verbot von Fake-News

In Rumänien ist man mittlerweile in eine Reflexionsphase über die Vorkehrungen während der Pandemie eingetreten. Die Opposition kritisiert Maßnahmen, die mit dem Ausnahmezustand einhergehen, der am 16. März erklärt worden war. Seitdem wurde nämlich der Zugang zu mehreren Internetseiten gesperrt, die Fake-News zur Pandemie verbreiteten. Die Entscheidung darüber, was als Fake-News gilt, wird vom Innenministerium getroffen. Details für die Kriterien, nach denen dies entschieden wird, wurden nicht veröffentlicht.

Tatsächlich wurden in Rumänien verstörende Fake-News verbreitet, etwa, dass es einen Plan der Regierung gäbe, Pensionisten in Lagern zu töten. Auf anderen Webseiten wurde behauptet, es ginge darum, Menschen Mikrochips in ihre Körpern zu implantieren. Die zuständigen Behörden argumentieren, man habe falsches Verhalten und Panik in der Bevölkerung vermeiden wollen, indem man diese "Nachrichten" unterband. Journalisten beklagen indes, dass sie in Zeiten des Ausnahmezustands weniger Antworten von den Behörden bekommen würden. (Adelheid Wölfl, 12.5.2020)