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Zu Großaktionär Mediaset gesellt sich nun wieder der US-Finanzriese KKR beim Münchner TV-Konzern ProSiebenSat1.

Foto: REUTERS/Michaela Rehle

Der US-Investor KKR steigt wieder beim deutschen Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ein und hält gut fünf Prozent. Die Beteiligungsgesellschaft verfügt über 3,21 Prozent der Stimmrechte und zwei weitere Prozent indirekt über Finanzinstrumente.

"Wir haben uns dazu entschieden, im Rahmen eines finanziellen Investments wieder bei ProSiebenSat.1 einzusteigen", sagte ein KKR-Sprecher. "Wir sind davon überzeugt, dass das Unternehmen derzeit am Kapitalmarkt unterbewertet ist." Zwischen 2006 und 2014 war KKR schon einmal Aktionär von ProSieben. "Wir sehen das Investment von KKR als Bestätigung unserer Strategie und heißen das Investment willkommen", sagte eine ProSiebenSat.1-Sprecherin.

Springer und TV-Produktionen

KKR hat zuletzt verstärkt den deutschen Medienmarkt in den Blick genommen. Beim größten europäischen Digitalverlag Axel Springer sind die Amerikaner inzwischen mit knapp 48 Prozent größter Aktionär noch vor der Springer-Familie.

KKR hat zudem vom Österreicher Herbert Kloiber Tele München Gruppe (Rechtehandel, Produktion, TV) und einigen Filmproduktionsunternehmen – Universum Film, der i&u TV und der Wiedemann & Berg Film – übernommen und in Holding namens Leonine zusammengeführt, geleitet von Fred Kogel, der schon Sat.1, Kirch Media und die Constantin Medien AG managte.

Mediaset-Übernahmepläne

Bei ProSieben ist die von der Familie des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi kontrollierte Mediaset mit 24,2 Prozent größter Anteilseigner. Der Investor CMI um den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky hält zehn Prozent an ProSieben. "Wir werten es als positives Zeichen, dass neben Mediaset und CMI auch andere Marktteilnehmer ProSiebenSat.1 als ein sehr attraktives Investment auch in Krisenzeiten beurteilen", erklärte die ProSieben-Sprecherin.

In der Branche wird spekuliert, ob die italienische Mediaset ihren Anteil beim bayerischen Fernsehkonzern künftig weiter aufstocken will. Der neue ProSiebenSat.1-Chef Rainer Beaujean hält sich bedeckt zu einer engeren Kooperation bis hin zu einer möglichen Fusion mit Mediaset. "Zuerst muss ich wissen, was genau geplant ist", sagte Beaujean jüngst im Reuters-Interview. "Dann schauen wir uns das an, werten das aus und sagen entweder Ja oder Nein zu einem vernünftigen Vorschlag." Derzeit gebe es keine strategischen Gespräche.

Größte Sendergruppe beim Publikum unter 50 in Österreich

Die österreichische ProSiebenSat1-Tochter ProSiebensat1Puls4 ist seit der Übernahme von ATV und ATV 2 2017 – vom damaligen Tele-München-Boss Herbert Kloiber – die größte private TV-Gruppe Österreich. Beim Publikum unter 50 Jahren haben die Sender von ProSiebenSat1Puls4 höhere Marktanteile als alle ORF-Sender.

Aktie auf höchstem Stand seit Ende Februar

Der überraschende Einstieg von US-Investor KKR bei ProSiebenSat.1 nährt Übernahme- und Fusionsgerüchte an der Börse. Die lange taumelnde Aktie des deutschen Fernsehkonzerns kletterte am Dienstag um bis zu 18,8 Prozent auf den höchsten Stand seit Ende Februar. KKR hat sein Engagement zwar als "finanzielles Investment" damit begründet, dass der MDax-Konzern am Kapitalmarkt unterbewertet sei.

Branchenexperten gehen aber nicht davon aus, dass der US-Finanzinvestor im Hintergrund bleibt. "Da kommt das unternehmerische Interesse zum Tragen: Eine Zusammenarbeit oder Kooperation von Axel Springer und ProSiebenSat.1", sagte NordLB-Analyst Holger Fechner. Die Amerikaner sind beim Herausgeber von "Bild" und "Welt" mit knapp 48 Prozent größter Aktionär.

KKR hat zuletzt verstärkt den deutschen Medienmarkt in den Blick genommen und die Fernsehholding Leonine unter Leitung des Managers Fred Kogel geschmiedet. Eine Fusion von ProSieben und Springer hält NordLB-Medienfachmann Fechner allerdings aufgrund der anderen Aktionäre und ihrer hohen Beteiligungen für eher unwahrscheinlich – "es sei denn, KKR kann insbesondere Mediaset auf der unternehmerischen Seite mit ins Boot holen und überzeugen". Allerdings sei unklar, wie über den deutschen Raum hinaus in Europa eine Kooperation aussehen könnte, sagte Analyst Fechner. "Entsprechend dürften eher die Geschäfte im deutschsprachigen Raum im Vordergrund stehen und dementsprechend auf Springer und ProSiebenSat.1 beschränkt sein." Ein anderer Branchenfachmann sagte zum KKR-Einstieg: "Das ist kein unschuldiges finanzielles Investment."

Ein KKR-Sprecher äußerte sich nicht dazu. Aus dem Umfeld des US-Investors hieß es, KKR sei von der Stärke ProSiebens als Unterhaltungsplattform überzeugt. In der Branche wurde bisher spekuliert, ob die italienische Mediaset ihren Anteil beim Fernsehkonzern weiter aufstocken will. Kontakt zwischen Mediaset, Kretinsky und KKR habe es noch nicht gegeben, sagte ein Insider. "Da ist jetzt viel Musik drin", sagte Commerzbank-Analyst Stephan Klepp. Das "Investorendreieck" lasse Raum für Spekulationen über mittelfristige Veränderungen – etwa eine Übernahme durch Mediaset oder eine Trennung von Free-TV-Aktivitäten oder Teilen der E-Commerce-Tochter Nucom.

Der neue ProSiebenSat.1-Chef Rainer Beaujean hielt sich zuletzt bedeckt zu einer engeren Kooperation bis hin zu einer möglichen Fusion mit Mediaset. "Zuerst muss ich wissen, was genau geplant ist", sagte Beaujean jüngst im Reuters-Interview. Derzeit gebe es keine strategischen Gespräche. Beaujean hatte auch bekräftigt, dass man sich auf das Kerngeschäft Entertainment beschränken wolle und Firmen-Verkäufe auslote. Möglich sei ein Börsengang von Assets der NuCom, die Online-Beteiligungen hält. "Es könnte sein, dass KKR auf Teile der NuCom-Gruppe schielt", sagte Analyst Klepp. (APA, Reuters, red, 12.5.2020)