Ciao

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So enthusiastisch die Zusammenarbeit vor mehr als fünf Jahren verkündet wurde, so unterkühlt wurde am Dienstag ihr baldiges Ende avisiert. Sebastian Vettel verlässt mit Ende der Corona-bedingt zumindest geschrumpften Formel-1-Saison Ferrari. Das Ende verkündeten der viermalige Weltmeister und die Scuderia mit kühlen Belegen für ihre zerrüttete Partnerschaft. Von fehlender Harmonie und dem richtigen Zeitpunkt für einen Schlussstrich war die Rede in einer Mitteilung.

"Das Team und ich sind zu der Erkenntnis gekommen, dass der gemeinsame Wunsch, über die Saison hinaus weiter zusammenzuarbeiten, nicht mehr besteht", sagte der 32-jährige Deutsche, der nur 14 seiner 103 Rennen für Ferrari gewinnen und den Italienern folgerichtig auch nicht die heißersehnte Weltmeisterschaft besorgen konnte. An Mercedes gab es für die Roten auch oder gerade mit Vettel kein Vorbeikommen.

Zu wenig Anerkennung

Über die Verlängerung des auslaufenden Vertrags konnte keine Einigung erzielt werden. Am Geld, sagte Vettel, lag’s nicht. Neben der Gehaltsreduzierung dürfte ihn vor allem die gebotene Laufzeit von nur ein bis zwei Jahren gewurmt haben. Sie war jedenfalls kein Beleg für die Anerkennung, die sich Vettel angesichts des Aufstiegs des Monegassen Charles Leclerc zur heimlichen Nummer eins im Team gewünscht hatte. Vettel dankte Ferrari zwar, ließ seine Frustration aber zwischen den Zeilen durchblicken. "Um in diesem Sport das bestmögliche Ergebnis einzufahren, ist es für alle Parteien wichtig, in perfekter Harmonie zu funktionieren." Auch Teamchef Mattia Binotto beseelte der gemeinsame Glauben, "dass die Zeit gekommen ist, getrennte Wege zu gehen, um unsere jeweiligen Ziele zu erreichen".

Die vielen Patzer im Vorjahr und die starken Auftritte Leclercs hatten Vettels Stellung im Team geschwächt. Italiens Presse zeigte sich wenig überrascht. "Zwischen Vettel und Ferrari herrschte schon seit längerer Zeit eisiger Wind", schrieb der Corriere della Sera. Für den Corriere dello Sport zahlt Vettel "einen hohen Preis für die vielen Fehler, die er bei Ferrari begangen hat".

Wie es ab 2021 mit dem einstigen Wundermann von Red Bull Racing weitergeht, ist völlig unklar. Dem Renault-Werksteam wird ebenso wie McLaren Interesse an ihm nachgesagt, allerdings scheint auch ein Abschied aus der Formel 1 nicht unmöglich. Er werde sich nun Zeit nehmen, um über seine Zukunft nachzudenken. Auch die Auswirkungen der Corona-Krise dürften dabei eine Rolle spielen. Die Priorität in der nahen Zukunft liegt bei Vettel auf der Saison 2020, die wegen der Corona-Pandemie noch immer nicht gestartet ist und Anfang Juli ohne Zuschauer in Österreich beginnen soll. Dann beginnt Vettels Ferrari-Abschiedstour – und die letzte Chance auf den ersehnten Titel mit den Italienern.

Sainz in der Pole

Da könnte aber wieder Mercedes im Weg stehen. Teamchef Toto Wolff hat ein Engagement Vettels nach dessen Ende bei Ferrari zumindest nicht ausgeschlossen. "Mit Blick auf die Zukunft sind wir in erster Linie gegenüber unseren aktuellen Mercedes-Fahrern zu Loyalität verpflichtet, aber wir können diese Entwicklung natürlich nicht außer Acht lassen." Schließlich laufen auch die Verträge seiner Fahrer aus. Weltmeister Lewis Hamilton wird natürlich hochspekulativ als möglicher neuer Ferrari-Star gehandelt. Als weitaus realistischer gilt aber das Engagement von Carlos Sainz. Der 25-jährige Spanier ist auch nur noch die kommende Saison an McLaren gebunden. (sid, lü, 12.5.2020)