Eigentlich wäre ja alles ganz einfach: Würden wir kleinere Autos fahren, wäre der Ressourcenaufwand dafür geringer, der Energieaufwand kleiner und damit auch der CO2-Ausstoß insgesamt erheblich niedriger. Ganz nebenbei würden die Autos weniger Platz benötigen. Kleinere Autos wären ein großer Hebel, um die Energie- wie auch die Klimabilanz des Automobils und seiner Nutzung zu verbessern. Auf den Straßen sehen wir aber, dass die Autos immer größer werden, dass es immer schwieriger wird, nach dem Einparken die Türe aufzukriegen, weil die Autos gerade in den letzten Jahren nicht nur schleichend länger und höher wurden, sondern auch deutlich breiter.

Retro-Ikone Fiat 500 soll als Elektroauto
überleben.
Foto: Fiat

Statistisch ist das gar nicht so leicht zu fassen, weil durch die SUV-Welle die Fahrzeugklassen zusehends verschwimmen, weil sogenannte Crossovers den scharfen Blick auf die Entwicklung verstellen. Der Marktanteil von Minis, also kleinen Kleinwagen, und normalen Kleinwagen hat sich kaum verändert, auch jener der Kompakten hält sich halbwegs konstant, aber: Mittelklasse wie auch große Limousinen, Kombis und Vans sind abgestürzt. Die Verluste in diesen Gruppen wurden jedoch durch den Zuwachs sogenannter SUVs mehr als kompensiert. Stämmige, feiste, manchmal fast adipöse Karosserien fordern auch ihren Raum. Es gibt sie nämlich inzwischen in jedem Fahrzeugsegment, was jegliche statistische Zählweise noch einmal erschwert. Der Blick zurück sagt also nicht viel. Mehr schon ist zu erkennen, wenn wir uns das Angebot auf Internet-Konfiguratoren und in Auslagen der Hersteller ansehen.

Das Angebot an kleinen Autos schrumpft zusehends. Auch wenn es aus Rücksicht auf die Umwelt nicht sehr schlau ist, so erscheint es aus der Faktenlage heraus doch erklärbar. Kleinwagen bieten für Autohersteller wenig Chance auf sichere Gewinne. Das war schon immer so, verschärft sich in letzter Zeit aber zusehends. Der Antriebsstrang erfordert immer mehr Aufwand. Strengere Abgasvorschriften verlangen selbst bei kleinen, relativ leichten Autos nach einer aufwendigen Abgasreinigungstechnik, die auch vom Platz her oft nur mehr schwer unterzubringen ist, erst recht von den Kosten her. Hybridisierung ist im Grunde hier auch kein Thema, es rentiert sich schon kaum eine Start-Stopp-Automatik im strengen Verhältnis zwischen finanziellem Aufwand und CO2-Einsparung.

Der e-Up und seine Derivate in der Volkswagen-Gruppe sind lieferbar ...
Foto: Volkswagen

Notausgang

Doch Rettung scheint in Sicht. Den zweisitzigen Smart gäbe es wahrscheinlich gar nicht mehr, könnte er jetzt nicht noch als reines Elektroauto Wiederauferstehung feiern. Der mit dem viersitzigen Smart fast baugleiche Renault Twingo sucht im Grunde auch nur mehr seinen Notausgang zum Überleben als Elektrovariante. Für BMW ist der Mini der nächste Schritt ins Elektrozeitalter, die Volkswagen-Gruppe bietet gleich zwei weitere Varianten des elektrischen Up unter dem Emblem von Seat und Škoda an.

Hier stellt sich die Frage, warum es trotzdem immer noch so wenig Engagement bei den Kleinwagen gibt? Die Autohersteller orientieren sich naturgemäß an Vorhersagen, die wiederum naturgemäß aus der Vergangenheit heraus getätigt werden. Man erwartet bei den großen und teuren Autos immer noch globale Zuwächse von zwei Prozent jährlich, dort zieht es die Entscheider hin, weil sie ja ihren Aktionären gegenüber verpflichtet sind.

... ebenso der elektrische Mini.
Foto: imago

Doch es gibt auch andere bestimmende Größen. Da in den Ballungszentren künftig die meisten und wohl auch wohlhabendsten Menschen wohnen werden, ist alles, was sich auf diesem Terrain abspielt, für Autohersteller von großer Bedeutung. Gleichzeitig gilt es für die ansässige Bevölkerung, ihren Lebensraum als solchen wachsam zu verteidigen, ja sogar auszuweiten. Hier bieten in Vernetzung mit dem öffentlichen Verkehr Kleinwagen neue Perspektiven. Und einen Imagewandel. Der Kleinwagen empfiehlt sich im Rahmen der äußeren Umstände ganz besonders als Elek troauto. Knapp ausgedrückt: Kurzstrecke, emissionsfrei. Das ist aber nicht billig. Die Gleichsetzung von "klein" und "billig" wird sich auflösen, aber nicht von selbst.

Vollgas, aber mit angezogener Handbremse

Obwohl diese Logik schon sehr lange in der Luft liegt, wirken die Autohersteller für den Wandel nur mäßig vorbereitet, haben jetzt aber einige Hebel in Bewegung gesetzt, um wenigstens gegenüber der Konkurrenz nichts zu verschwitzen. Von VW sickerte schon vor mehr als einem Jahr die Botschaft durch, der Kleinwagen Up würde eingestellt, vorher kommt aber noch, wie gerade erwähnt, eine Up-Elektro-Offensive. Eine eigene kleine Plattform für Elektroautos ist aber noch Zukunftsmusik. Fiat bringt einen eigens für Elektroantrieb konzipierten 500. Wie dieses Fahrzeug in die Strategie des neuen Besitzers PSA (Citroën-Peugeot) passt, ist aber unklar. Man hat den Eindruck, die Autohersteller gäben Vollgas, aber mit angezogener Handbremse.

Suzuki baut am
erfolgreichsten Kleinbenziner, überlegt aber, Modelle aus dem Programm zu nehmen.
Foto: Suzuki

Es brodelt unter der Decke: Einerseits ist ein funktionierendes Kleinwagenwesen eine fast zwingende Option für eine erquickliche Mobilitätszukunft. Ob Besitz, Carsharing oder allerlei Formen der Kurzzeitvermietung: Der Kleinwagen bietet viele logische Möglichkeiten, unsere Mobilität mit dem geringsten schlechten Umweltgewissen zu unterstützen. Wir stehen jetzt aber erst am Anfang einer Neustrukturierung des Verkehrs in Ballungsräumen. Die Autoindustrie würde wohl ganz schnell die Kleinwagenhandbremse lösen, wenn politische Rahmenbedingungen und Fördermodelle nicht große, dicke Hybridfahrzeuge, sondern kleine, schlanke Autos besserstellen würden. (Rudolf Skarics, 18.5.2020)