Fertigung des Batteriegesamtsystems: Das Bild zeigt einen Blick in das Werk Braunschweig, das der VW-Konzern als entsprechendes Zentrum ausbaut.

Foto: Volkswagen

Die Herstellung von Automobilen und deren Antrieben war bisher eine über mehr als ein Jahrhundert geübte Tätigkeit. Trotz der enormen Komplexität des Produkts hatte man alle Vorgänge der Serienfertigung bravourös im Griff. Es wirkte, als stanze man Autos aus wie Beilagscheiben. Doch mit dem Ersatz der Verbrennungskraftmaschine durch den Elektromotor und die Digitalisierung sowohl der Produkte als auch der Fertigung werden die Karten neu gemischt.

Jetzt, wo es nicht mehr nur darum geht, Erfolge abzusichern, sondern den Anschluss an komplett neue Technologien nicht zu verlieren, ist es schon schwieriger, die Aura des selbstverständlichen Erfolgs zu bewahren. Besonders heikel stellt sich die Situation bei den Elektroautos dar. Anstatt wie von allen Seiten angekündigt rasant steigender Absatzzahlen wird mehr gemunkelt als verkauft. Einmal heißt es, weil Batterien nicht in ausreichender Menge und funktionstüchtig genug lieferbar wären, dann wieder wäre die zu geringe Nachfrage seitens der Kundschaft für den Lieferstau verantwortlich. Manche sagen auch, beides würde sich ohnehin ergänzen.

Noch keine Routine

Der Hochlauf der Produktion eines Elektroautos stockte eben nicht nur bei Tesla manchmal, auch bei den alteingesessenen Automobilherstellern zwickt es, je mehr sich auf das neue technische Terrain begeben, umso öfter. Es ist noch keine Routine eingekehrt mit der neuen Technologie, zu häufig treten unerwartete Ereignisse und Rückschläge zwischen Entwicklung und Serienfertigung auf.

Der vormalige Mercedes-Boss Dieter Zetsche äußerte noch öffentlich die Meinung, eine Batterie sei ein Zulieferteil, das man nur kaufen und einbauen müsse. Inzwischen ist klar, die Batterie ist das, was in Sachen automobile Kernkompetenz bisher Motoren samt Getriebe waren. Und noch viel mehr: Die Batterie berührt als schwergewichtige chemische Fabrik am Fahrzeugboden das gesamte Spektrum globaler Energie- und Ressourcenbilanzen bis hin zu sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftspolitischen Winkelzügen.

Dabei beherrschen Südkorea und China das Terrain. Keine andere Nation verfolgt ihre wirtschaftlichen Interessen so kompromisslos. Sie schenken sich gegenseitig nichts, und anderen schon gar nichts. Diese beiden Länder sind aber im Besitz des gesamten Wissens zur Fertigung von Batteriezellen. Außer ihnen gibt es nur noch die japanische Panasonic als starke Konkurrenz. Panasonic kooperiert aber ausschließlich mit Tesla und Toyota, steht für andere Kraftfahrzeughersteller nicht wirklich zur Wahl. Europäische Unternehmen haben den Aufbau einer eigenen Batteriezellfertigung verschwitzt. Aufgrund des hohen Kapitalbedarfs bei langer Amortisationszeit hat sie nach großen Diskussionen und kleineren Anläufen der Mut verlassen, gescheitert an einer Melange aus exorbitanten Kosten und zu hohen technologischen Ansprüchen. Jetzt sind Audi, BMW und Mercedes abhängig von strategisch nicht gerade zimperlichen Lieferanten aus China und Südkorea.

Oligopolbildung

Im Automotive-Bereich haben sich bei den Batterieherstellern für Elektroautos nahezu Oligopole gebildet: Den höchsten Marktanteil unter den chinesischen Marken besitzt CATL, in Südkorea ist es LG Chem. Samsung SDI (ebenfalls Südkorea) ist bei Plug-in-Hybriden stark. Hatten sich bis vor kurzem noch zahlreiche Batteriehersteller aus China und Südkorea ein Preisgefecht geliefert, diktieren mittlerweile wenige Konzerne die Preise. Vor allem seit die Nachfrage dramatisch steigt. Als nächster Anlauf für eine europäische Zellfertigung gilt das Start-up zweier ehemaliger Tesla-Manager, Northvolt, das in Nordschweden gerade eine Gigafactory zur Batteriezellfertigung baut – in einer Allianz mit Volkswagen, dem Energiekonzern Vattenfall und den Technologieriesen ABB und Siemens.

Derweil errichten aber auch die fernöstlichen Batteriekonzerne in Europa Zellfabriken. Bis es Direktlieferungen aus Fernost gibt und alle europäischen Werke ihre Produktion hochgefahren haben, wird es noch länger Unschärfen zwischen Angebot und Bedarf geben. Dazu kommen noch Schwierigkeiten in der Qualitätssicherung bei der Serienumsetzung neuer Technologien. Naturgemäß verläuft der Produktionsanlauf nicht immer reibungslos. Besonders heikel ist das für Premiumhersteller. Makellose Qualität ist hier ein selbstverständlicher Anspruch.

Die Frage ist nur, wie lang

Audi ist stark von seinem Batterielieferanten LG Chem abhängig und musste wegen Lieferengpässen erst kürzlich die Produktion des e-tron im Brüsseler Werk drosseln. Ähnlich erging es Mercedes mit dem EQC, als die Zelllieferungen für das eigene Batteriewerk in Kamenz stockten. Vergleichsweise gut dürfte hingegen BMW bei den Batterien aufgestellt sein, jedenfalls für den momentanen Bedarf.

Die Batteriemodule werden im Werk Dingolfing gefertigt. Die Zellen für die reinen Elektroautos werden von CATL geliefert. Die Mengen, die benötig werden, sind noch überschaubar, stabil für den i3, moderat zunehmend für den Mini und bald auch für den iX3. Der echte Premiumkonkurrent für Audi e-tron und Mercedes EQC, der i4, befindet sich ja seit Jahren in der Ankündigungsschleife. BMW war einer der ersten Automotive-Kunden von CATL, entwickelte gemeinsam die Batterien für die vollelektrische chinesische Langversion des X1. Man ist auf besonders gute Beziehungen zum chinesischen Batterielieferanten stolz. Die Frage ist nur, wie lang und ob überhaupt so etwas zählt. (Rudolf Skarics, 21.5.2020)