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Zahlreiche Gesellschafterversammlungen werden derzeit virtuell über Zoom oder Skype abgehalten. Und das ist nicht immer einfach.

Foto: Reuters / Dado Ruvic

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat der österreichische Gesetzgeber die Möglichkeit virtueller Gesellschafterversammlungen geschaffen. Darunter werden Versammlungen verstanden, bei denen nicht alle Teilnehmer physisch anwesend sind. Vorausgesetzt wird, dass eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiwegverbindung in Echtzeit – vereinfacht gesagt: mittels einer Videokonferenz – besteht, wobei es jedem Teilnehmer möglich sein muss, sich zu Wort zu melden und an Abstimmungen teilzunehmen. Gängige Videokonferenzsysteme wie zum Beispiel Skype for Business, Microsoft Teams, Zoom etc. erfüllen diese Voraussetzungen.

Nicht immer werden alle Teilnehmer einer Versammlung die notwendige technische Infrastruktur zur Verfügung haben bzw. diese benützen können oder wollen. Es reicht deshalb aus, dass maximal die Hälfte der Teilnehmer nur akustisch, also z. B. per Telefon, verbunden ist. Geschickte Verhandler, die mit den modernen Kommunikationsmitteln vertraut sind, können sich die für ihr Gegenüber neue Umgebung in Form der virtuellen Versammlung zunutze machen, um im hochemotionalen Umfeld eines zerrütteten Gesellschafterverhältnisses mit den Emotionen des Gegenübers zu spielen und dieses zu unüberlegten Äußerungen und Fehlern zu bewegen.

Anspruch auf virtuelle Versammlung?

Hier stellt sich gleich die spannende Frage, ob ein Gesellschafter Anspruch auf eine virtuelle anstelle einer physischen Versammlung hat. Die Entscheidung, ob eine virtuelle Versammlung durchgeführt werden soll, ist vom einberufenden Organ, also in der Regel dem Geschäftsführer zu treffen. Dieser hat jedoch die Interessen der Teilnehmer angemessen zu berücksichtigen.

So müsste unter den derzeitigen Umständen etwa eine virtuelle Generalversammlung stattfinden, wenn ein ausländischer Gesellschafter aufgrund von Reisebeschränkungen nicht physisch anwesend sein kann oder es von einem Gesellschafter, der einer der Corona-Risikogruppen angehört, aufgrund des damit verbundenen Gesundheitsrisikos keine physische Teilnahme erwartet werden kann. Zu denken ist etwa an Gesellschafter im fortgeschrittenen Alter oder mit einer Vorerkrankung.

Digital Natives vs. technische Greenhorns

Bei einer streitigen Generalversammlung ist zur Vermeidung von Anfechtungen besonders auf eine korrekte Einberufung zu achten. In der Einberufung einer virtuellen Versammlung ist verständlich zu erläutern, was die Teilnehmer tun müssen, um an der virtuellen Versammlung teilzunehmen. Der Geschäftsführer darf keine Verbindungstechnologie wählen, die es den Teilnehmern aufgrund der dafür notwendigen technischen Ausstattung verunmöglicht, an der Generalversammlung teilzunehmen, oder die Teilnahme unangemessen erschwert. Es ist nicht nur auf die konkret vorhandene technische Ausstattung der Teilnehmer Rücksicht zu nehmen, sondern auch auf deren technische Fähigkeiten und Medienkompetenz.

Plakativ gesprochen wird es einen Unterschied ausmachen, ob sich der Gesellschafterkreis aus "Digital Natives" oder technischen Laien zusammensetzt. Die Teilnehmer haben im Rahmen des Zumutbaren aber auch für die Schaffung der erforderlichen technischen Mittel zu sorgen.

Einflüsterer und heimliches Aufzeichnen

Bei virtuellen Versammlungen kommt dem Sitzungsleiter besondere Bedeutung zu. So hat er zu überwachen, dass sich nur die berechtigten Personen einwählen und sich Gesellschafter nicht in unzulässiger Weise Einflüsterer bedienen. Bei streitigen Generalversammlungen ist ein Versammlungsprotokoll gang und gäbe. Hier kann eine unterstützende Ton- und Videoaufzeichnung hilfreich sein. Viele Video- und Telefonkonferenzsysteme sehen entsprechende technische Zusatz-Tools vor.

Aufgrund der damit verbundenen Eingriffe in Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer ist eine Aufzeichnung freilich nicht unproblematisch, weshalb die Zustimmung sämtlicher Teilnehmer einzuholen sein wird. Virtuelle Versammlungen haben daher auch den Nachteil, dass einzelne Gesellschafter in die Trickkiste greifen und teilweise mit unfairen Mitteln kämpfen werden.

Technische Probleme

Gerade bei streitigen Generalversammlungen stellt sich schließlich die Frage nach der Verantwortlichkeit hinsichtlich technischer Probleme. Was passiert, wenn sich ein Gesellschafter nicht mit der Versammlung verbinden kann oder zwischendurch (im schlimmsten Fall während der Abstimmung) die Verbindung wieder abbricht? Die Gesellschaft ist sicherlich für einen Verbindungsabbruch bei allen Teilnehmern verantwortlich, wenn sie ein untaugliches oder (bekannt) fehlerhaftes System gewählt hat oder einen leistungsschwachen Server verwendet.

Hat ein einzelner Gesellschafter dagegen Verbindungsprobleme, weil er ein zu leistungsschwaches Gerät hat, dieses abstürzt oder sein Standort nur eine schwache Verbindung hat, ist das eigentlich seine Sache. Je kleiner der Teilnehmerkreis an der virtuellen Versammlung aber ist, desto eher muss der Sitzungsleiter bei erkennbaren Verbindungsproblemen eines Teilnehmers die Versammlung unterbrechen, um diesem Teilnehmer einen neuerlichen Verbindungsaufbau zu ermöglichen.

Auf jeden Fall sollten Gesellschafter, denen in nächster Zeit ein Showdown in einer streitigen Generalversammlung bevorsteht, die entsprechenden technischen Vorkehrungen treffen und diese eingehend testen. Ist ein Gesellschafter während einer hitzigen Versammlung erst einmal mit der Behebung technischer Widrigkeiten befasst, kann er nur allzu leicht den Blick auf das Wesentliche verlieren. Dem Kontrahenten wird das nur recht sein.

Auch wenn virtuelle Generalversammlungen – gerade im Fall eines Gesellschafterstreits –diverse Herausforderungen mit sich bringen, sollten die Digitalisierungsbemühungen nicht nur vonseiten des Gesetzgebers, sondern auch auf Ebene der Gesellschaften selbst weiter intensiviert werden. Gesellschafterstreitigkeiten auf dem virtuellen Parkett werden damit bald – um ein aktuelles Buzzword aufzugreifen – zur "neuen Normalität". (Paul Schörghofer, Johannes Mitterecker 12.5.2020)