Sie brauchten die eine oder andere Schrecksekunde, um auf die Bedrohung zu reagieren. Dann aber kamen die EU-Staats- und Regierungschefs gut in die Gänge. Es gab, national unterschiedlich, ziemlich oder sogar sehr gute Konzepte, um der Corona-Krise Herr zu werden. Hier sehr besonnen, dort etwas autoritärer, einmal etwas chaotischer, dann wieder etwas alternativer – im Wesentlichen hat Europa souverän reagiert.

Der geschlossene Grenzübergang Unterjoch zwischen Deutschland und Österreich.
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Nun treten wir Europäerinnen und Europäer in die nächste Phase ein: Wie geht der Weg zurück in die Normalität, und wollen wir diese in der alten Form überhaupt? Ein wesentlicher Faktor in diesen Überlegungen muss der Grenzverkehr zwischen den vom Schengen-Abkommen verwöhnten Ländern sein. Innerhalb weniger Jahre haben wir alle – Europa-Enthusiasten ebenso wie EU-Skeptiker – uns daran gewöhnt, uns jederzeit und ohne Beschränkungen dorthin bewegen zu können, wohin immer wir wollen. Die Reisefreiheit ist längst Teil unserer DNA.

Daher ist es wichtig, dass Europas Regierungen ebenso schnell lernen, die Grenzbalken hochzuziehen. Europas Bürgerinnen und Bürger sind mündig, sie sind mittlerweile ausreichend aufgeklärt, sie beweisen Hausverstand, sie müssen ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen dürfen. Das Virus muss jetzt mit regionalen Konzepten kontrolliert werden, nicht aber mit einem Management entlang nationaler Grenzen, die einem Virus ohnehin egal sind. (Gianluca Wallisch, 12.5.2020)