Alle haben etwas bekommen beziehungsweise wurde ihnen etwas versprochen: "die Wirtschaft", die Gewerbetreibenden, die Bauern sowieso, die Einzelpersonenunternehmen (EPUs), die AUA, die Firmen für Kurzarbeit, die Tourismusbetriebe, die Wirte. Die Regierung hat ein Corona-Hilfspaket nach dem anderen geschnürt und in selbstbelobigenden Pressekonferenzen verkündet. Aber für die Kultur existiert kein veröffentlichter Plan.

Woran liegt’s? Auf eine leicht polemische Formel gebracht: Türkis interessiert sich nicht sehr für Kultur, die ressortzuständigen Grünen sind her hilflos.

Die nationalkonservative türkise Kerntruppe betrachtet Kultur vermutlich als schwer linksverdächtig und irgendwie unheimlich. Frage: Wer hat türkises Spitzenpersonal schon privat im Theater gesehen? Die Grünen wiederum müssen darauf warten, was ihnen Finanzminister Gernot Blümel, der schon als türkiser Kultur-Kanzleramtsminister nicht durch große Kulturaffinität aufgefallen ist, an Geld zuweist.

Street Art vor dem MuseumsQuartier Wien.
Foto: APA/Maria Legat/Artis.love

Auch bei der Zuweisung der Gelder für "die Wirtschaft", besonders aber beim Härtefallfonds, funktioniert nicht alles glatt. Viele kleine Unternehmer fühlen sich hängengelassen.

Aber der Kulturstaat Österreich mit seiner "Umwegrentabilität" durch den Kulturtourismus lässt sich bei der Kultur besonders viel Zeit. Vor allem die unübersehbare Schar der natürlich auch subventionierten, letztlich aber privaten Kulturinstitutionen und Kulturproduzenten hängt in der Luft. Der Kabarett-Veteran Lukas Resetarits hat in einem "Wutvideo" und einem nicht weniger pointierten Interview mit Armin Wolf für sie Alarm geschlagen. Und gleichzeitig dem Frust der vielen Grünwähler unter den Künstlern Ausdruck gegeben.

Fahrplan

Kulturminister Werner Kogler hat zwar von 700 Millionen für die Kultur gesprochen. Aber dann fügte er hinzu, da sei auch für den Sport was drin. Wie viel? Und dann: Es würden "Kulturvereine" bedacht. Welche? Freie Theater oder Trachtenvereine? Zu diesen Fragen hieß es am Dienstag aus dem Kogler-Büro, es würde noch verhandelt. Ja, und Kogler gab Dienstag eine Pressekonferenz für den Mannschaftssport.

Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek will bis Freitag einen Fahrplan vorlegen, wie kulturelle Veranstaltungen im Juli und August – unter der Voraussetzung niedriger Infektionszahlen – stattfinden können. Aber was ist mit konkreten finanziellen Hilfen? Die Grünen laufen akute Gefahr, bei ihrer Kernklientel unter Künstlern und Kreativen dramatisch zu verlieren.

Ehrlicherweise muss man sagen, dass eine Öffnung des kulturellen Lockdowns aus einsichtigen Gründen besonders schwierig ist. Aber Kreative wie Josef Hader sagen schon, dass sie bereit wären, dasselbe Programm zweimal pro Tag, aber jedes Mal mit ausgedünntem Publikum zu spielen. Denn Künstler müssen spielen.

Und wenn das nicht geht, dann muss man den Künstlern Überlebenshilfe geben, wahrscheinlich über den Härtefallfonds hinaus. Es können nicht alle arbeitslosen Schauspieler und Sänger Aushilfskellner oder Pizzaboten werden, und wenn es in diesem Sommer keine oder eine drastisch reduzierte Kultur gibt, dann ist Österreich wirklich ärmer.(Hans Rauscher, 13.5.2020)