Schröcksnadel: "Bitte nicht den Sport und die Kultur gegeneinander ausspielen."

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Kennen Sie den? Treffen sich Peter Schröcksnadel und der STANDARD. Sagt der STANDARD: "Gratuliere zur Verlängerung der Präsidentschaft." Sagt Schröcksnadel: "Gratulier' nicht mir, gratulier' dem Virus!" Sagt der STANDARD: "Na, hat das Virus am End' noch was Gutes."

Am Mittwoch ist in Wien also so richtig der Schmäh gelaufen, Anlass des Treffens war aber ein ganz anderer. Der sogenannte organisierte Sport hatte geladen, vertreten wurde er durch die Präsidenten Hans Niessl (Sport Austria), Leo Windtner (Fußballbund) und Schröcksnadel (Skiverband), dessen Amtszeit sich kurz zuvor zumindest bis 2021 verlängert hatte, weil es virusbedingt erst dann eine Länderkonferenz samt Neuwahlen gibt. Zum Schmähführen allein wäre Schröcksnadel (78) nicht nach Wien gereist. Er wies mit den Kollegen auf die dramatische Lage des Sports in Österreich hin und präsentierte einen offenen Brief an zwei Millionen Österreicherinnen und Österreicher, die Mitglieder in einem der 15.000 Sportvereine sind.

Hilfspaket

Mag sein, der Inhalt des Briefs war in letzter Minute leicht entschärft worden. Schließlich hatten Sportminister Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) just kurz zuvor und spontan – Zufall? – ein Hilfspaket in Höhe von 700 Millionen Euro für gemeinnützige sportliche, kulturelle und soziale Einrichtungen in Aussicht gestellt. Noch am Vortag hatte sich Kogler "ärgerlich" gezeigt, demzufolge ist er also erst am späteren Dienstag mit Blümel auf einen Nenner gekommen.

Kein Wunder, dass das nun zugesicherte Hilfspaket im Sport nur prinzipiell gelobt wird. Zu viele Fragen sind aufgeworfen. Soll jetzt etwa zwischen Sport- und Kulturvereinen ein Gezerre um Hilfsgelder losgehen? Wer teilt die 700 Millionen auf? Wann fließt das Geld? Schröcksnadel richtete gleich mehrere dramatische Appelle an die Regierung. Der erste: "Bitte nicht den Sport und die Kultur gegeneinander ausspielen. Wir im Sport schätzen die Kultur, und die Kultur schätzt uns. Diskussionen darüber, wer wieviel aus diesem Topf bekommt, gilt es unbedingt zu verhindern."

"Das ist nicht passiert"

Sport-Austria-Präsident Niessl schloss sich an und führte aus: "Wir fordern seit Wochen eine rasche, unbürokratische Regelung. Zugesagt war, dass im April ein Konzept steht. Das ist nicht passiert. Es gibt die große Befürchtung, dass es zu lange dauert, bis es zu Auszahlungen kommt. Es ist Gefahr im Verzug, es drohen Zahlungsunfähigkeiten, Vereinsauflösungen und Haftungen von Privatpersonen. Viele Sportvereine stehen bereits jetzt vor dem Aus, es ist Eile geboten." ÖFB-Präsident Windtner unterstrich, man habe "bis zuletzt auf einen eigenen Topf für den Sport gehofft. Leider ist dem nicht so."

Dass in der Bundesliga der Ball bald wieder rollen kann, sei erfreulich. "Im ersten Stock sind die Fenster aufgegangen", sagt Windtner, da sei quasi schon ein Luftzug zu spüren. "Und hoffentlich kann bald auch die Basis durchatmen. Es geht nicht um die Bundesliga allein, es geht um den Sport in Österreich. Viele Vereine müssen bald auf Reset drücken. Sonst kommen wir zu spät."

Kein Sixpack

Schröcksnadel, wie gesagt, hat seinen Humor behalten und während des Lockdowns versucht, "mir ein Sixpack raufzutrainieren", das sei "nicht ganz gelungen". Ferngesehen, ganz im Ernst, hat er auch, da ist ihm der Auftritt von Lukas Resetarits und das generelle Kultur-Lobbying nicht entgangen. "Wir können es nicht so gut wie der Resetarits, aber sagen sollten wir dasselbe."

Einen weiteren Versuch und einen zweiten Appell ist es wert. Diesen richtete Schröcksnadel am Mittwoch direkt an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). "Bitte ermöglichen Sie den Schülerinnen und Schülern tägliche Bewegung. Sperren Sie die Schulsportplätze auf! Kinder brauchen Auslauf." Für den ÖSV-Präsidenten ist es "völlig unverständlich", dass Bewegungs- und Sporteinheiten bei der Wiederaufnahme des Unterrichts ausgeklammert sind. Die Wurzel des Übels sieht er darin, dass der Sport seit jeher "keine echte Vertretung in der Regierung hat. Wir sind, politisch gesehen, eigentlich jedem wurscht." (Fritz Neumann, 13.5.2020)