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Die Begrüßung ist noch Covid-like, später sitzt man dann doch gemeinsam am Tisch: Mike Pompeo und Benny Gantz in Jerusalem.

Foto: AP/Sebastian Scheiner

Zum Glück erhielt er eine Sonderbehandlung. Sonst hätte Mike Pompeo nach seiner Landung am Tel Aviver Flughafen nämlich sofort für zwei Wochen in Quarantäne verschwinden müssen. Da Pompeo aber US-Außenminister und für das offizielle Israel wichtig ist, tut man einfach so, als folge sein epidemiologisches Risikoprofil anderen Spielregeln als das eines durchschnittlichen menschlichen Körpers – und drückt ein Auge zu.

US-Flagge im Gesicht

So kommt es, dass Pompeo direkt vom Flughafen zur Residenz des designierten israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu fahren darf, um dort seine kamerataugliche Stars-and-Stripes-Gesichtsmaske abzulegen und unmaskiert sowie ohne Einhaltung des Zwei-Meter-Abstandsgebots über dies und das zu sprechen.

Worüber genau, weiß man nicht. In den offiziellen Statements nach den Gesprächen mit Netanjahu und dem künftigen Verteidigungsminister Benny Gantz ging es vor allem um die Sicherheit Israels und die Bedrohung durch den Iran, aber auch um Covid-19. Nur unter ferner liefen sprach man vor Kameras auch über jenes Thema, das in Israel und den palästinensischen Gebieten die Menschen am brennendsten interessiert: die Teilannexion des Westjordanlands durch Israel. Die Trump-Regierung unterstützt diesen international höchst umstrittenen Schritt. Netanjahu will ab Juli Nägel mit Köpfen machen, um das enge Zeitfenster zu nutzen, das ihm bis zur Wahl in den USA – und einem möglichen Wechsel an der Spitze – noch bleibt.

Protest der Ex-Geheimdienstler

So bedeckt sich die Staatsgranden auch hielten, andere sprachen klare Worte. "Die unilaterale Annnexion ist eine Sicherheitsbedrohung für Israel!", schreit ein Riesentransparent bei der Einfahrt nach Jerusalem den Pendlern entgegen. Die Absender der Botschaft sind gewichtige Stimmen: 300 Ex-Generäle der Armee und der Nachrichtendienste, die sich in der NGO "Commanders for Israel's Security" zusammengeschlossen haben, stecken hinter dem öffentlichen Protest. Die Annexion soll auch eines der zentralen Themen des Rats der EU-Außenminister am Freitag sein.

Der hochrangige Besuch mitten in der Corona-Pandemie dominierte Israels Tagesgeschehen so sehr, dass eines fast unterging: die geplatzte Regierungsbildung. Eigentlich hätte die Koalition von Netanjahu und Gantz am Mittwoch angelobt werden sollen. Das verschiebt sich nun auf frühestens Donnerstagabend. Gantz hatte nämlich erst am Dienstag den Rücktritt von seinem Posten als Parlamentspräsident eingereicht – wohl aus Angst, dass ihm sein künftiger Regierungspartner Netanjahu in letzter Sekunde noch ein Bein stellen könnte. Die Machtposition im Parlament war sein einziger Hebel, um sich notfalls mit unangenehmen Parlamentsbeschlüssen noch an Netanjahu rächen zu können.

Da der Rücktritt erst nach 48 Stunden rechtswirksam wird, ein Parlamentspräsident aber nicht zugleich Minister sein kann, verschiebt sich somit auch die Angelobung der Regierung. So richtig fix ist aber ohnehin nicht, wer ihr nun angehören wird: Die Rechtspartei Yamina hatte bereits abgewinkt, ihr Chef Naftali Bennet sollte laut Medienberichten Mittwochabend aber noch einmal mit Netanjahu diskutieren, ob die beiden Noch-Koalitionspartner einander vielleicht doch eine Chance geben. Einfach wird es nicht, einen Kompromiss zu finden: Die Rechtspartei verlangt Ministerposten. Die sind aber schon mehr oder weniger vergeben. Ans Schaffen zusätzlicher Ressorts, nur um die Rechts-außen-Partei zu befriedigen, ist angesichts der stolzen Zahl von 36 Ministern nicht zu denken. (Maria Sterkl aus Tel Aviv, 13.5.2020)