US-Bundesrichter Emmet Sullivan.

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Die Nachricht ist für US-Präsident Donald Trump und seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn gleichermaßen ärgerlich: US-Bundesrichter Emmet Sullivan hat nicht vor, die Empfehlung des Justizministeriums, die Anklage gegen Michael Flynn wegen Meineids fallenzulassen, einfach so abzusegnen. Zuerst wolle er noch weiteren "Individuen und Gruppen" die Gelegenheit geben, ihre Meinung einzubringen, teilte der Washingtoner Richter am Dienstag (Ortszeit) mit.

Vergangene Woche hatte es schon so ausgesehen, als wäre Flynn der Justiz in den Wirren der Corona-Krise endgültig von der Schaufel gesprungen. Und das, obwohl er sich im Dezember 2017 der Falschaussage gegenüber dem FBI im Rahmen der Russland-Ermittlungen schuldig bekannt hatte. Man sei "nicht davon überzeugt, dass das FBI-Verhör vom 24. Jänner 2017 auf einer legitimen Untersuchungsgrundlage durchgeführt wurde, und glaubt daher nicht, dass Flynns Aussagen von Gehalt waren, auch wenn sie unwahr sind", argumentierte das Justizministerium.

Bundesrichter unter Clinton

Der Sturm der Entrüstung war groß. Justizminister William Barr sei eine Marionette Trumps, so der Hauptvorwurf. Dass auch Richter Sullivan den Sorgen, die Einstellung sei politisch motiviert, nun offenbar Raum gibt, verwundert Wegbegleiter des gewissenhaften Richters aus Washington wenig. Er gilt weithin als von Republikanern wie Demokraten gleichermaßen geschätzter Verfechter des Rechtsstaates. Einer, der auch auf seinen gesunden Menschenverstand vertraut und sich nicht einschüchtern lässt, wenn es der Wahrheitsfindung dient.

Zum Bundesrichter wurde der mittlerweile 73 Jahre alte Sullivan 1994 von Bill Clinton ernannt. Bis dahin hatte er sich bereits einen Ruf als brillanter Prozessrichter erarbeitet. In der Anwaltskanzlei Houston & Gardner kämpfte er zu Beginn seiner Karriere für die Aufhebung rassistischer Gesetze.

Als Bundesrichter legte er sich schon mehrmals mit dem Justizministerium an. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde der verheiratete Vater zweier Kinder, als er 2009 das vielbeachtete Korruptionsurteil gegen den damaligen alaskischen Senator Ted Stevens überprüfen ließ. Wegen schwerer Verfahrensfehler wurde das Urteil gegen den beliebten Republikaner letztlich aufgehoben. Zumindest die Trump-Gegner hoffen, dass Sullivan im Fall Flynn für mehr als nur eine Verzögerung sorgen kann. (Manuela Honsig-Erlenburg, 13.5.2020)