Der Gesundheitsminister ist zufrieden mit der Entwicklung der Infektionszahlen. Man habe bisher keine negativen Auswirkungen der Öffnungsschritte bemerkt.

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Vier Versuche aus dem Kreis der anwesenden Journalistinnen und Journalisten brauchte es, um Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bei seiner Pressekonferenz eine Aussage zum Kleinwalsertal abzuringen. Gelungen ist es schließlich mit der Frage, was er denn von der Anzeige Sepp Schellhorns (Neos) wegen des Menschenauflaufs rund um Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei dessen Besuch in der Vorarlberger Region halte. Die Antwort Anschobers: Jeder Bürger könne eine Anzeige einbringen, die die Exekutive aufzuklären hat, so werde das auch in diesem Fall sein.

Abgesehen davon ging es an diesem Donnerstagmorgen in erster Linie um Antikörpertests, in die bekanntlich große Hoffnung gesteckt wird, weil sie anzeigen, ob jemand bereits eine Corona-Infektion durchgemacht hat – im Gegensatz zu den PCR-Tests, mit denen derzeit auf breiter Basis geprüft wird, wer akut infiziert ist. Der Einsatz dieser sei, neben einem Covid-Screening-Register, für das am Vortag im Nationalrat die Grundlage geschaffen wurde, ein wichtiger Schritt zur weiteren Eindämmung, sagte Anschober.

Einsatz in Studien und Blutbanken

Dass Antikörpertests flächendeckend eingesetzt werden, ist jedoch nicht absehbar. Prioritär würde man diese im Rahmen von Studien verwenden, so Anschober, auf freiwilliger Basis wolle man auch Blutspenden testen. Aber: "Wenn das Virus uns länger beschäftigen sollte, dann wäre der Antikörpertest eine sinnvolle Ergänzung zu den derzeitigen Testmöglichkeiten."

Laut Dorothee von Laer, Virologin an der Medizinischen Universität Innsbruck und, so betont sie, nicht im Beratergremium der Tiroler Landesregierung, hat man mittlerweile eine sehr hohe Aussagekraft bei Antikörpertests. Ein Vergleich mit Proben von 2019, also aus der Zeit, bevor das Virus in Österreich war, habe gezeigt, dass es nicht zu falsch-positiven Ergebnissen komme. Aber: Der Test ist kompliziert, "es ist kein Test, den man an jeder Ecke anbieten kann, das ist Goldstandard", so von Laer. Zur den Ergebnissen einer laufenden Studie in Ischgl wollte sie sich noch nicht äußern.

Laut Lukas Weseslindtner, Virologe am Department für Virologie der Med-Uni Wien und ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesend, ist der große Vorteil von Antikörpertests, dass man dadurch auch unabhängig von Symptomen feststellen kann, ob jemand infiziert ist oder war, zumal sich die Aussagekraft von PCR-Tests verringern kann, je weiter die Krankheit fortgeschritten ist. Die große Einschränkung: Es sei immer noch nicht klar, ob eine durchgemachte Infektion tatsächlich auch mit einer Immunität einhergeht, so Weseslindtner.

Kein Immunitätspass in Aussicht

Einen Immunitätspass, wie er derzeit in Deutschland diskutiert wird, sieht Anschober daher kritisch. Es sei außerdem eine sensible ethische Grundsatzfrage, weil dieser die Bevölkerung in zwei Teile unterteilen würde – von denen ein Teil mehr Freiheiten hat als der andere. Auch das deutsche Ampelsystem, das der Leitfaden für weitere Maßnahmen sein soll, sieht Anschober kritisch: "Da wurde ein Grenzwert politisch verhandelt", sagt er, "und das suggeriert: Alles unter dem Grenzwert ist kein Problem." Man setze in Österreich stattdessen auf "Minimieren, Minimieren, Minimieren" und sei da auch "sehr, sehr, sehr, sehr stabil unterwegs". Wenngleich Anschober weitere Wellenbewegungen bei den Infektionszahlen nicht ausschließt.

Laut derzeitigem Stand aber sei ein Drittel Österreichs "coronafrei". In 33 von 94 Bezirken wurde seit 14 Tagen nämlich keine Neuinfektion registriert. Man komme außerdem der Marke von 1000 aktiv Erkrankten immer näher. Sollte alles gut gehen, könnte die Öffnung ab Juni beschleunigt werden, kündigte Anschober an. Er merkte an, die Situation in der ersten Juni-Hälfte vertiefend prüfen zu wollen. "Wenn es ein gutes Ergebnis ist, könnte es durchaus auch zu einer Beschleunigung von Öffnungsmaßnahmen führen", sagte der Minister. (elas, APA, 14.5.2020)