In meinem letzten Beitrag habe ich über den Gullblikk von Hovland berichtet, der im Herbst 2019 von einem Sondengeher gefunden und bei uns in der Vestfold og Telemark Fylkeskommune abgegeben wurde. Wie beschrieben, ist ja bereits das Fundstück an sich sehr spannend. Noch interessanter für uns war aber, was es für den Fundort bedeuten könnte. Gullblikke sind keine einfachen Streufunde; sie treten in Verbindung mit besonderen Fundstellen auf.

Der Gullblikk von Hovland, gefunden im September 2019 von einem Sondengeher.
Foto: VTFK

Das warf Fragen auf. Der Name Hov in Hovland deutet zwar auf einen Herrschaftssitz hin, aber eine konkrete Fundstelle war uns von dort nicht bekannt. Warum der Fund eines Gullblikks also gerade da? Meine Kollegen Ragnar Orten Lie, Historiker und spezialisiert auf die Nordische Eisenzeit, und die Archäologin Vibeke Lia begannen ihre Nachforschungen zu intensivieren. Die Hinweise darauf, dass sich in Hovland etwas verbarg, verdichteten sich, als der Sondengänger, der bereits den Gullblikk gefunden hatte, mit einem neuen Fund auftauchte: einem kleinen eisernen Thorshammer.

Der eiserne Thorshammer, ebenfalls in Hovland gefunden.
Foto: VTFK

Meeresspiegel in der Wikingerzeit

Schlussendlich war es die nicht allzu weit von Hovland entfernte Fundstelle des Klåstadschiffs, eines wikingerzeitlichen sogenannten Knarr, die Bewegung in die Sache brachte. Schiffe brauchen Wasser. Vibeke setzte sich an den Computer und simulierte die Höhe des Meeresspiegels während der Wikingerzeit, der damals um circa vier Meter höher lag als heute. Das Ergebnis war eindeutig: Um circa 800 nach Christus befand sich Hovland entlang eines Meeresarms, der ob seiner geschützten Lage weiter im Landesinneren von den wikingerzeitlichen Seefahrern gegenüber dem Seeweg entlang der eigentlichen Küste bevorzugt wurde. Ein geeigneter Ort für eine Siedlung.

Simulation der Meeresspiegelhöhe um circa 800 nach Christus in einem GIS. Hovland liegt direkt an einem Meeresarm.
Foto: VTFK

Aber wie etwaige Siedlungsstrukturen finden? Vibeke und Ragnar durchforsteten Luftbildaufnahmen zurück bis ins Jahr 1956, außer alten Feldgrenzen war darauf allerdings nicht viel zu sehen. Glücklicherweise hatten wir im September 2019 ein motorisiertes Georadar zur Verfügung, das uns unsere Partner vom Wiener Ludwig-Boltzmann-Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie für einige Wochen ausgeliehen hatten. Mit einem raschen Telefonat holten Ragnar und Vibeke die Genehmigung des Grundeigentümers ein, und bereits am nächsten Tag konnten mein Kollege Christer und ich in Hovland mit der Messung eines circa einen Hektar großen Areals beginnen.

Das Georadar Mira 1 bei der Messung in Hovland.
Foto: VTFK/Christer Tonning

Häuser, Gebäude – eine neue Fundstelle

Das Prozessieren der Daten brachte eine Überraschung, und auch wieder nicht. Deutlich zeichneten sich in den Tiefenscheiben paarweise angeordnete, circa einen Meter tiefe Pfostenlöcher ab, die auf ein bis zu 23 Meter langes Gebäude hindeuteten. Bei näherer Betrachtung bemerkten wir noch andere Strukturen in den Daten: Weitere Pfostenlöcher und mehrere von uns als Wandgräbchen interpretierte Spuren warfen Fragen auf. Handelte es sich bei den Spuren um die Reste eines einzigen Hauses, oder gab es mehrere Gebäude? War es vielleicht sogar möglich, in den Daten verschiedene zeitliche Besiedelungsphasen zu erfassen?

Eine erste Interpretation der Georadardaten von Hovland zeigt Pfostenlöcher und Wandgräbchen.
Foto: VTFK

Um diesen Fragen nachzugehen, bedarf es einer detaillierten Interpretation der Daten; ein Schritt, der in den nächsten Wochen passieren wird. Dazu gehört einerseits, die Prozessierung der Daten zu optimieren, um die bestmögliche Interpretation zu erhalten, und andererseits das Studieren von vergleichbaren Siedlungen im skandinavischen Raum, um Hovland in Kontext zu setzen.

Der Fall Hovland ist ein gutes Beispiel für ein gelungenes Miteinander von Alt und Neu innerhalb der Archäologie. Moderne Technologien, wie sie bei Georadar und Metallsuchgeräten, aber auch Software wie geografischen Informationssystemen zur Anwendung kommen, werden durch "traditionelle" Methoden wie – im Fall von Hovland – das Studium schriftlicher Quellen, Ortsnamen, Fundgattungen und Siedlungsmuster komplementiert und können damit gezielt eingesetzt werden. Das Ergebnis ist eine neue Fundstelle, die uns noch einige Zeit beschäftigen wird. (Petra Schneidhofer, 14.5.2020)